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Ausgabe Nr. 50/2024 vom 10.12.2024, Fotos: picturedesk.com, story-online.de
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Rolf Schimpf
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Rolf Schimpf mit seinen Kollegen in „Der Alte“.
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Jutta Kammann zu Besuch bei Rolf Schimpf im Pflegeheim.
Rolf Schimpf, „Der Alte“,
ist allein im Pflegeheim:
Er erkennt niemanden mehr
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Er hatte eine glänzende Schauspielkarriere und war glücklich verheiratet. Dann starb seine Frau an Alzheimer und auch Rolf Schimpf leidet unter dem Vergessen.
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Er war dem Fernseh-Publikum als „Der Alte“ in der gleichnamigen Krimi-Serie bekannt. In mehr als 220 Folgen hat der am 14. November 1924 in der deutschen Hauptstadt Berlin geborene Darsteller den Kommissar verkörpert – 21 Jahre lang. Kein anderer war so lang in dieser Rolle zu sehen. Im Jahr 2007 ging Rolf Schimpf dann als Ermittler in Pension. Da war er schon 83 Jahre alt.

Ein Mann, der im Zweiten Weltkrieg gedient hat und ihn mit einer schweren Kopfverletzung überlebte. Danach erlernte er einen kaufmännischen Beruf, ehe Schimpf beim Film Fuß fasste. Immer an seiner Seite war seine zweite Frau, die Schauspielerin Ilse Zielstorff, die er im Jahr 1968 geheiratet hat. Die Ehe blieb kinderlos, aus seiner ersten Ehe hat er einen Sohn, aber die Kontakte sind selten. Und sie wären auch schwierig.

Denn Rolf Schimpf lebt nach dem Tod seiner Frau allein in einem Pflegeheim am Stadtrand von München (D) und leidet an Demenz. Seine Freundin und Kollegin Jutta Kammann, 80, besucht ihn dort ab und zu.

„Obwohl er mich nicht mehr erkennt. Er erkennt niemanden mehr. Rolf lacht und freut sich, wenn ich komme, aber wenn ich hinausgehe aus seinem Zimmer, fragt er: ,Wer war denn das?‘ Und ich kenne ihn seit 50 Jahren, habe mit ihm viel Theater gespielt, war mit ihm auf Tournee und habe auch viele Krimis von ,Der Alte‘ mit ihm gedreht.“

Der frühere Fernsehliebling erleidet nun ein ähnliches Schicksal wie seine geliebte Frau. Sie hatte Alzheimer und hat ihn in ihren letzten Lebensjahren nicht mehr erkannt. Sie hat ihn sogar geschlagen. In einem Gespräch kurz nach ihrem Tod im Mai 2015 meinte Schimpf, ihr Tod sei eine Erlösung gewesen, für sie und für ihn.

„Meine Frau hatte keinen schönen Tod. Bedingt durch ihre Alzheimer-Erkrankung funktionierte der Schluckreflex nicht mehr, sie konnte also keine Nahrung mehr zu sich nehmen. Es hatte auch keinen Sinn mehr, sie mit künstlicher Ernährung am Leben zu erhalten. Zumal sie das auch gar nicht wollte – so stand es in ihrer Patientenverfügung.

Also ihr Tod war sicher eine Erlösung. Auf der anderen Seite fällt mir das Weiterleben seither sehr, sehr schwer. Für meine Frau da zu sein, sie jeden Tag zu besuchen, ihre Hand zu halten – das war in der letzten Zeit ihres Lebens meine Erfüllung. Ich hatte eine Aufgabe. Nun habe ich keine Aufgabe mehr. Und das macht mich natürlich traurig und depressiv, so gar keinen Sinn mehr zu sehen.“

Der Darsteller hat jahrelang mit seiner Frau in der vornehmen Seniorenresidenz Augustinum in München gelebt. Sie war für ihn der Lebensmittelpunkt, Kontakt zu anderen Mitbewohnern waren selten, Freundschaften schloss er nicht mehr. „Das sind Gesprächspartner, aber keine Freunde“, meinte Schimpf. „In unserem Alter hat jeder seine eigenen Problemchen.“

Er brauchte eine Weile, um über den Tod seiner geliebten Frau hinwegzukommen, zumal auch sein jüngerer Bruder in der Zeit gestorben ist. Diese Schicksalsschläge haben ihm stark zugesetzt. Freude, meinte der Darsteller einmal, empfinde er nicht mehr. „Auch Glücksmomente kenne ich nicht. Mein Leben ist ein ständiges Auf und Ab. Manche Tage sind ganz gut. Aber dann erinnert mich irgendwas an den Verlust meiner Frau, dann rutsche ich wieder für mehrere Tage in die Depression. Da hänge ich dem Leben einfach ein paar Tage hinterher. Das ist nun einmal so.“

In derartigen Augenblicken hat er sich gern mit Spaziergängen abgelenkt. Bis es dann auch mit seiner Gesundheit bergabging und Schimpf sogar die Seniorenresidenz verlassen musste. Es hieß, er könnne sich die noble Herberge nicht mehr leisten.

Das gesamte Vermögen verschenkt

„Es gibt Gerüchte, dass ihn sein Betreuer hereingelegt und sein gesamtes Vermögen veruntreut hätte. Ich kann nur sagen, das Augustinum würde niemals jemanden hinauswerfen, erst recht nicht einen Rolf Schimpf.

Das Augustinum hat alles versucht, Rolf Schimpf hier zu halten. Ich lebe ja auch im Augustinum. Es gibt hier einen Förderverein, der hilft, wenn jemand in finanzielle Not gerät, aber Rolf hatte nie finanzielle Not. Rolf hat mir vor Jahren einmal gesagt: Jutta, beziehungsweise Kiki, so hat mich mein Mann auch immer genannt, und ich kenne Rolf ja auch schon viele Jahrzehnte, er sagte: ,Kiki, ich habe meinem Freund mein ganzes Vermögen geschenkt, ich brauche ja nichts mehr. Ich habe genug.‘ Ich sagte zu ihm: ,Bist du wahnsinnig?‘

Aber Rolf hatte sogar ohne sein Vermögen genug. Er hat doppelt bis dreifach so viel verdient wie ich. Hinzu kommt, dass Rolf hier viel preiswerter gewohnt hätte als jetzt in diesem Pflegeheim. Denn wir haben hier eine interne Pflegeversicherung, in die er ja auch jahrelang eingezahlt hat.

Und dieser Freund hat Rolf um all seine Früchte gebracht und ihn vom Augustinum weggeholt. Ich vermute, damit Rolf nichts erzählt. Denn als er das Augustinum verließ, war er zwar schon leicht dement, aber noch nicht so stark dement, wie er durch den Schock der Übersiedelung in dieses Pflegeheim geworden ist, in dem er jetzt lebt.“

Wenn Jutta Kammann ihren Freund Rolf Schimpf im Pflegeheim am Stadtrand von München besucht, macht sie das traurig. Dann sitzt da ein 100 Jahre alter Mann, freundlich lächelnd, aber irgendwie der Welt entrückt. „Er hat mich immer wieder gefragt, warum er denn hier sei. Es sei doch alles gut gewesen, er verstehe nicht, warum er jetzt hier sei. Und er fragte, ob ich nun käme, um ihn herauszuholen. Er ist so ein lieber Mensch und das, was mit ihm passiert ist, ist so traurig.“
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