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Ausgabe Nr. 50/2024 vom 10.12.2024, Fotos: Judith M. Trölß
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In seiner Werkstatt ist Anton Hammer in seinem Element.
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Er gibt dem Jesuskind ein Gesicht
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Früher war die Holzschnitzerei ein beruhigender Ausgleich zur anstrengenden Arbeit. Heute ist sie für Anton Hammer, 78, aus Neumarkt/Ybbs (NÖ) ein schönes Hobby.
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In seiner Werkstatt ist Anton Hammer in seinem Element. Dann versinkt der 78jährige Niederösterreicher aus Neumarkt an der Ybbs mit seinen Gedanken tief in seinen Holzschnitzereien.

Eine Tätigkeit, die er als Ausgleich zu seiner Arbeit begonnen habe, meint der Pensionist, der 40 Jahre lang als Diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger im psychiatrischen Bereich tätig war. „Wer in einem derart anspruchsvollen Beruf arbeitet, braucht nach der Arbeit etwas, um abschalten zu können. Denn wir Menschen haben leider keinen Schalter eingebaut“, erzählt der Künstler mit einem Schmunzeln und macht damit seine Beweggründe für sein Hobby begreiflich.

„Beim Holzschnitzen muss ich mich in die Figur hineindenken und das hat mich immer zur Ruhe gebracht. Das Arbeiten mit dem Holz war neben der anstrengenden beruflichen Tätigkeit immer ein Ausgleich. Womöglich ist mein Hobby ein wesentlicher Grund dafür, warum ich so lange im Pflegeberuf tätig sein konnte.“

Der Werkstoff Holz hat Hammer schon in der Kindheit fasziniert. Anfangs hat er sich der Kerbschnitzerei gewidmet, heute fertigt er in seiner 50 Quadratmeter großen Werkstatt Krippen, Abbildungen von Heiligen und Jesus am Kreuze. In seinem 20 Quadratmeter großen Ausstellungsraum, der an seine Werkstatt grenzt, sind einige seiner Kunstwerke zu sehen. Krippen reihen sich um diese Jahreszeit natürlich aneinander, zwischendrin heben sich Figuren wie der Heilige Florian und der Heilige Leonhard hervor. An den Wänden hängen zahlreiche Holzkreuze in verschiedensten Formen und Designs, Masken und Aktfiguren.

Linden- und Zirbenholz als Rohstoff

„Angefangen habe ich mit sieben Schnitzmessern. Heute arbeite ich mit 150 unterschiedlichen Messern“, sagt Hammer und verweist stolz auf seinen Werkzeugwagen mit den Messerladen. Wobei er seine Fertigkeit im Umgang mit dem scharfen Schnitzzeug durch Bücher und den Besuch von Kursen erlernt hat. „Gut 15 Jahre lang habe ich ein Mal im Jahr für eine Woche einen Schnitzkurs besucht. Da habe ich viele Inspirationen und Ideen für meine Werkstücke erhalten“, verrät Hammer, der am liebsten Linden- und Zirbenholz als Rohstoff verwendet.

„Das Lindenholz ist weich und eignet sich hervorragend zum Schnitzen. Noch weicher ist die Zirbe. Jedoch hat diese Holzart viele Äste und ist daher nur für größere Schnitzwerke zu gebrauchen“, erklärt der Handwerker. „Die Holzrohlinge ab einer Größe von zehn Zentimeter schneiden wir nach, sagen wir in der Schnitzersprache.“ Der 78jährige hat aber noch viel größere Exemplare in Bearbeitung. Der Beweis steht in seinem Schauraum. Josef und Maria schauen stolz auf das Jesuskind herab, das gebettet in der Krippe liegt. „Für den Josef habe ich 160 Arbeitsstunden gebraucht. Er ist mit 150 Zentimeter auch die größte Figur von den dreien. Weil Maria kniet, ist sie um einiges kleiner als der Josef und das Jesuskind ist etwa einen halben Meter groß“, erläutert Hammer.

„Schnitzereien in dieser Größe können nicht aus einem Stück Holz gearbeitet werden. Ich habe Pfosten zusammengeleimt. Erst wenn das Holz gut miteinander verbunden ist, kann ich mit der Arbeit beginnen.“ Von den größten Figuren seiner Werkstatt verweist er auf die kleinste. Der Kopf des Jesuskindes ist kaum größer als ein Stecknadelkopf.

Wissen um die Anatomie kommt ihm zugute

Imposant ist bei jedem Kunstwerk aus der Hand Hammers, die allesamt Unikate sind, der Ausdruck der Gesichter. „Die Schnitzkunst wird danach bemessen. Wichtig ist die Grundform des Kopfes. Einfach erklärt, ist sie wie ein auf den Kopf gestelltes Ei“, erklärt Hammer mit einem Lächeln. „Frauen- und Kinderdarstellungen sind weicher, bei den Herren darf es etwas gröber sein. Der Kopf ist ein Achtelteil des ganzen Körpers. Das zu wissen, verdanke ich meinem Beruf, in dem die menschliche Anatomie wichtig war. Manchmal mache ich mir auch eine Vorlage aus Knetmasse oder Ton.“

Auf diese Weise erhalten die Figuren in seinen Krippen einen lebendigen Ausdruck. Die dann in orientalischen, aber auch alpenländischen Szenarien zu bewundern sind.

Jedes Jahr ab September steht der Niederösterreicher dafür vormittags am Schnitztisch. „Um diese Jahreszeit passt die Stimmung und mir kommen die Ideen für meine Krippen und Figuren. Meine kreative Tageszeit ist der Vormittag, da kann ich mich am besten konzentrieren und meine Augen leisten mir die beste Sehkraft“, meint er und setzt sich seine Brille auf die Nase.

„Meine Augen kann ich mit der Brille unterstützen, aber zittern darf ich nicht. Da ist es dann mit der Schnitzerei vorbei“, erklärt der 78jährige, der unterschiedliche Krippen-Größen und -Ausführungen gestaltet. Detailgetreue alpenländische Krippen sind um € 1.200.– zu haben, Zirbenholzkrippen kosten € 700,–, ein einfacher Krippenblock € 150,–. Es gibt auch die Möglichkeit, die Krippe mit Figuren aufzurüsten (Tel.: 0664/7841954).

Bis zu sechs Stunden schnitzt Hammer an einer Figur, die am Ende noch gebeizt, gewachst oder bemalt wird. „Ich sitze nie beim Schnitzen, da ich die Bewegung brauche. Beim Schnitzen arbeiten beide Hände. Die eine Hand führt, die andere stoppt. Vorsicht ist bei den scharfen Messern geboten. Eine falsche Bewegung und Blut fließt. Ein falscher Schnitt und die Holznase ist weg. Dann wandert das Stück in meinen Ofen“, sagt Hammer und lacht. „Mein Werklehrer sagte immer: ,Schnitzen ist keine Kunst. Man muss nur das weggeben, was weggehört.‘“
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