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Ausgabe Nr. 50/2024 vom 10.12.2024, Fotos: AdobeStock, LISI SPECHT, zVg
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In den Wochen vor Weihnachten locken viele „Schnäppchen“.
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Mag. Christian Prantner von der Arbeiterkammer Wien (AK).
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Geschäftsführer der ASB Schuldnerberatungen, Mag. Clemens Mitterlehner.
Schuldenfalle Weihnachtseinkäufe
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In den Wochen vor Weihnachten locken viele „Schnäppchen“. Die Versuchung ist groß, über die eigenen finanziellen Verhältnisse hinaus einzukaufen, oft in Form von Ratenkäufen. Die belasten das Geldbörsel aber noch, wenn die Festtage längst vorbei sind.
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Laut einer aktuellen Umfrage wollen Verbraucher heuer wieder mehr Geld für Geschenke ausgeben. Im Durchschnitt sind dafür € 424,– eingeplant. Der Anteil jener, die zwischen € 500,– bis € 1.000,– für weihnachtliche Präsente ausgeben wollen, stieg im Vergleich zum Vorjahr sogar von 18 auf 22 Prozent.

Doch nicht jeder kann sich die Extra-Ausgaben für die Packerln unter dem Christbaum leisten. „Meine beiden Söhne sind sechs und acht Jahre alt. Die beiden wünschen sich sehnlichst eine Spielekonsole vom Christkind, aber die knapp € 300,– sind derzeit nicht drinnen“, erzählt der alleinerziehende Vater Alexander Gruber (Name geändert). Um den Wunsch seiner Kinder trotzdem erfüllen zu können, will der Wiener das Weihnachtsgeschenk bei einem Versandhaus finanzieren.

Besonders teuer sind die Versandhauskredite

„Wenn es in den Geldbörseln eng wird, dann steigt die Bereitschaft, eine Ware in Raten abzuzahlen“, weiß Mag. Christian Prantner von der Arbeiterkammer Wien (AK). Dann gilt es, genau auf die Kreditbedingungen zu schauen. „Wir vermuten nämlich, dass die Kunden in den Geschäften kaum auf die Konditionen, sondern auf die ,bequeme‘ und ,einfache‘ Teilzahlung achten, die durchaus mit niedrigen, leistbaren Raten beworben werden“, sagt der AK-Konsumentenschützer.

„Besonders teuer sind Versandhauskredite von Otto, Neckermann oder Universalversand. Die werben zwar mit ,nur‘ 1,65 Prozent pro Monat, aber auf das Jahr umgerechnet kommt jeweils ein Effektivzinssatz von 21,7 Prozent zusammen“, warnt der Experte vor einem zu blauäugigen Umgang mit Teilzahlungskrediten.

„Da wünschen wir uns eine Änderung des Verbraucherkreditgesetzes, das den Effektivzinssatz in den Blickfang der Werbung rücken sollte.“ Denn nur der sage etwas über die Preiswürdigkeit eines Kredites aus. Die Ratenhöhe „zentriert sich auf die Leistbarkeit pro Monat, ist also nur die halbe Wahrheit“, betont Prantner.

Der Handel werbe mit günstigen Krediten für die Warenfinanzierung. „Vor allem die sogenannte Null-Prozent-Finanzierung ist üblich geworden, bei der keine Zinsen und Spesen anfallen.“ Allerdings sollten Warenkäufer bei solchen Angeboten darauf achten, wie hoch der Kaufpreis ausfällt. Es könne sich lohnen, einen Quervergleich zu einem Mitbewerber anzustellen, ob der zu 100 Prozent finanzierte Kaufpreis auch günstig ist oder denkbarerweise höher ist als bei der Konkurrenz, meint Prantner.

Außerdem sind „diese Angebote zumeist an Bedingungen geknüpft wie eine vorgegebene Laufzeit oder für Waren mit einem bestimmten Kaufpreis. Finanzierungen über diese
Betragsgrenzen oder Laufzeiten hinaus können dann sehr wohl kostenpflichtig werden.“

Kein Kontoüberzug, um Raten decken zu können

„Ratenzahlungen oder auch ,Kauf jetzt, zahl später‘-Angebote richten sich an Menschen, die jetzt konsumieren oder kaufen wollen, dafür aber keine liquiden Mittel haben“, sagt auch der Geschäftsführer der ASB Schuldnerberatungen, Mag. Clemens Mitterlehner. Das sei von der Grundkonzeption her schon problematisch, weil es sich an Menschen in enger finanzieller Situation und „nicht an eine zahlungskräftige, gut verdienende Zielgruppe richtet“, warnt der Experte.

In der Weihnachtszeit komme zum Kaufen die Emotion dazu. Jemand möchte etwas schenken, auch wenn nicht die flüssigen Mittel dazu da sind. „Dann wird es gefährlich und auch teuer“, sagt Mitterlehner.

Bei Kartenzahlung fällt der „Bezahlschmerz“ weg

Beispielsweise würde die Inanspruchnahme eines 36monatigen Ratengeschäftes für das heurige Weihnachten bedeuten, dass der Kunde bis vor Weihnachten 2027 die Raten für den Kauf 2024 zu bezahlen hätte. „Die Raten für Weihnachten 2025 dann bis 2028. Das summiert sich“, warnt Mitterlehner. Ein einzelner Ratenkauf alleine sei meistens nicht das große Problem. „Aber bei mehreren solcher Geschäfte steigt die Summe der Rückzahlung. Es wird dann auch unübersichtlich – wann habe ich was mit wie viel zu bezahlen“, erklärt der Schuldnerberater.

Ratenkäufe schränken den finanziellen Spielraum ein. Oft folge ein Kontoüberzug, um die Raten decken zu können. „Dann sind wir in der Schuldenspirale angelangt“, weiß Mitterlehner.

Die Nutzung des Überziehungsrahmens ist besonders bei der jüngeren Generation verbreitet, die ihn auch häufiger für den Kauf von Weihnachtsgeschenken in Anspruch

nimmt. In einer Studie hat die Wirtschaftsuniversität-(WU)-Forscherin Barbara Dunkl etwa das Verschuldungsverhalten von 20.000 Jugendlichen in Oberösterreich untersucht. „Zwei Drittel der befragten 18jährigen haben bereits Schulden gemacht, bei zwölf Prozent sind diese den Jugendlichen bereits über den Kopf gewachsen“, macht der AK-Experte Prantner auf das Problem aufmerksam.

Seit es Internet, Online-Käufe, Smartphone, PayPal oder Klarna gebe, seien die Möglichkeiten und Risiken, sich zu verschulden, explosionsartig gewachsen, weiß auch der Schuldnerberater Mitterlehner. „Wir wollen Zahlungsmöglichkeiten nicht verbieten lassen, aber wichtig ist, unlautere und besonders gefährliche Praktiken zu benennen und die Jugendschutz- und Konsumentenschutz-Regelungen aktuell zu halten.“ Gleichzeitig helfe eine gute Basis-Finanzbildung – wie sie etwa die Schuldenberatung unter „www.finanzbildungsportal.at“ anbiete –, einen verantwortungsvollen Umgang mit den heutigen Zahlungs-Instrumenten zu erlernen.

Gerade die Nutzung von Plastikgeld sei verführerisch. Aus Erfahrung weiß Mitterlehner, dass jede Zahlung ohne Bargeld nicht so bewusst als Zahlvorgang wahrgenommen wird. „Ob ich mit der Karte € 5,– oder € 300,– zahle, ist komplett der gleiche Vorgang. Der sogenannte ,Bezahlschmerz‘ fällt weg, weil ich keine drei Hundert-Euro-Scheine hergeben muss.“ Überdies geht bei der Karten-Zahlung leichter der Überblick verloren.

Das bestätigt auch eine britische Studie, laut der „die emotionale Natur des Bargeldes – sein Geruch und der Akt des Zählens – eine Verbindung erzeugt, die bei digitalen Zahlungen fehlt“. Das Verschwinden von Bargeld verringert unser Bewusstsein für Ausgaben, was zu impulsiven und unnötigen Käufen führen könne.

„Ein Thema ist noch die Nullgrenze – also, wann ist das Geld aus? Bei Bargeld ist € 0,– am Ende des Bargeldes. Bei Kartenzahlung rutsche ich unbemerkt ins Minus“, sagt Mitterlehner. Deshalb sei es auch beim Weihnachtseinkauf ratsam, vorab ein Budget festzulegen. rz

Tipps für den Geschenkekauf


Planen Sie schon zu Hause und nicht erst im Geschäft:
Wie viel kann ich mir leisten? Wie viel will ich für Geschenke ausgeben? Wem will ich was schenken?

Kaufen Sie in Ruhe und ohne Stress ein.
Das verhindert Spontankäufe und auch das Überschreiten der persönlichen finanziellen Grenzen.

Einkaufen am besten im stationären Handel mit Bargeld – das verbessert den Überblick, wie viel ich schon für Geschenke ausgegeben habe.

Vermeiden Sie Kontoüberziehungen für Geschenke und Spontankäufe. Der Weg zurück ins Plus ist lang und schwer.

Vorsicht auch bei Ratenzahlungen, denn neben Zusatzkosten kommen auch auf längere Zeit monatliche Belastungen durch die Teilzahlung auf Sie zu.
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