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Ausgabe Nr. 49/2024 vom 03.12.2024, Foto: Thomas&Thomas
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Ann-Kathrin Kramer
Ann-Kathrin Kramer:
„Ein Lächeln wirkt immer“
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Das Fest der Liebe naht. Die Schauspielerin Ann-Kathrin Kramer, 58, und ihr Mann Harald Krassnitzer, 64, begegnen ihm mit viel Poesie und bewegten Melodien.
Mit anderen Künstlern haben sie das
gesprochene und gesungene Album
„Was ist Liebe“ gestaltet. Das Gespräch führte Martina Wieser.
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Frau Kramer, Sie haben mit Ihrem Mann Harald Krassnitzer ein wunderbares Album veröffentlicht. Es trägt den Titel „Was ist Liebe“ und beinhaltet nicht nur Lieder, sondern auch Gedichte, die Sie beide vortragen. Auch Dieter Hallervorden und andere Künstler lesen lyrische Werke aus zwei Jahrhunderten. Was verstehen Sie unter dem größten der Gefühle?

Für mich ist die Liebe in erster Linie ein Thema, das am meisten missverstanden wird. Rund um die Liebe existieren außergewöhnlich viele Klischees und Narrative. Beim Betrachten der Verhaltensweisen von Paaren, die sich gegenseitig immer wieder bestätigen müssen, wie gut sie den anderen finden, denke ich mir bisweilen, ich bin im falschen Film (lacht). Einfach gesagt, Liebe ist in der Essenz wichtig. Und im Glück, einen Lebenspartner zu haben, mit dem man sich gut fühlt. Je unaufgeregter die Liebe wird, umso glaubwürdiger ist sie.

Ist dies gleichermaßen das Geheimnis Ihrer Ehe? Immerhin sind Sie und Harald Krassnitzer seit mehr als 25 Jahren ein Paar …

Ich bin davon überzeugt, dass die Kommunikation das Wertvollste in einer Partnerschaft ist. Wir alle entwickeln uns weiter, unsere Ängste und unsere Wünsche verändern und verschieben sich im Lauf der Zeit. Nur weil sich jemand vor zwanzig Jahren etwas von Liebe erzählt hat, muss das nicht immer noch so sein. Deswegen halte ich es für unentbehrlich, immer offen, ehrlich und direkt miteinander zu reden, vor allem, wenn man merkt, dass sich etwas verändert. Und nicht damit aufzuhören, den Menschen, den man liebt, wahrzunehmen. Das ist tatsächlich etwas Schönes, etwas, das mir gut tut – und am Ende das Wichtigste, wenn zwei lange zusammenbleiben möchten.

Das Album „Was ist Liebe“ lebt von Gedichten, untermalt von Musik. Welche Poeten mögen Sie?

Ich habe mich darüber gefreut, zwei Werke einer meiner Lieblingsdichterinnen vorzutragen. Mascha Kaléko (1907–1975) hatte eine äußerst unorthodoxe Art, mit Worten umzugehen. Sie vermittelt mir etwas, das mich überrascht und mir zugleich das Gefühl gibt, genau zu verstehen, was sie meint. Wenn ich lese, „Drei Tropfen Herzblut weinte ich um dich. Von ihrer Röte tranken alle Rosen, siehst du den Wind ein Rosenblatt liebkosen, rot wie mein Blut, denke du an mich“, dann bekomme ich sofort eine Gänsehaut und sehe eine Mondnacht vor mir. Es fasziniert mich, dass durch ein paar lyrische Sätze Bilder entstehen, die in keinem Musik-Video oder Internet-Filmchen zu sehen sind. Diese poetischen Bilder gibt es nur in einem selbst, das sind einzigartige Momente.

Haben Sie jemals Ihren Mann mit einem selbst verfassten Liebesgedicht überrascht?

(lacht) Nein, wenn ich das könnte, hätte ich es vielleicht versucht. Außer in der Pubertät, in der wir vielleicht alle das eine oder andere Liebesgedicht erdacht haben, sah ich mich nie als Poetin. Tatsächlich glaube ich, dass es eine Lebensentscheidung ist, ein Poet zu sein. Gedichte zu verfassen, ist ein einsames Handwerk, für das Zeit, Muße und ein langer Atem nötig sind. Als Schauspielerin habe ich das definitiv nicht.

Vor Kurzem waren Sie zusammen mit Ihrem Mann in dem Film „Aus dem Leben“ zu sehen – als Ehepaar, wie im richtigen Leben. Auch darin war die Liebe das zentrale Thema, allerdings im herausfordernden Sinn …

Das Paar in den Mittfünfzigern, das wir verkörpert haben, erlebt eine Zäsur. Die Frau erleidet einen Schlaganfall und auf einmal ist nichts mehr so, wie es war. Der Film ging der Frage nach, ob es Liebe ist, wenn Paare einander immer wieder beteuern, für den anderen alles zu tun, egal, was passieren mag, oder, ob man sich ernsthaft damit auseinandersetzt, was sein wird, wenn der Partner krank wird, nicht mehr perfekt funktioniert oder auf einmal mit kleinen Fehlern und Einschränkungen behaftet ist. Die Frage, wie es dann mit der Partnerschaft weitergeht, halte ich für wichtig.

Haben Sie dieses sensible Thema mit nach Hause genommen?

Natürlich, so etwas geht nicht spurlos an einem vorüber. Wir haben viel darüber geredet, zumal das keine Fiktion ist, sondern etwas, das vielen Menschen passieren kann. Selbst jüngere Menschen, die mitten im Leben stehen, sind davon betroffen.

Haben Sie für den Fall der Fälle alles geplant?

Ich glaube, das lässt sich nicht planen. Aber sich zusammenzusetzen und darüber zu reden, das ist das Wichtige. Denn alles, was Patientenverfügungen betrifft, lässt sich anhand von Formularen und Papieren unkompliziert erledigen. Sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, ist insofern gut, weil dann jeder weiß, wo der andere steht, und, um seinem Willen folgen zu können, wenn er ihn mir nicht mehr sagen kann.

Wenn wir wieder zurückkehren zum Schönen, zur Liebe und damit zum „Fest der Liebe“. Weihnachten rückt näher, der Advent hat begonnen. Wie stimmen Sie sich auf Weihnachten ein?

Wir haben natürlich einen Adventkranz und wir haben ein bisschen vorweihnachtlich dekoriert. Tatsächlich haben wir jedoch, seit das Kind (Sohn Leonard ist 27 Jahre alt) aus dem Hause ist, begonnen, die festen Rituale zu lockern, weil Rituale wieder einen Druck erzeugen. Deshalb gibt es den Satz „Für Weihnachten brauchen wir unbedingt noch …“ bei uns nicht mehr.

Mit welchen Erwartungen sehen Sie dem neuen Jahr entgegen?

Da ich immer öfter Sätze höre, die mit „In Zeiten wie diesen …“ beginnen, dachte ich vor ein paar Tagen an meine Oma. Sie hat zwei Weltkriege erlebt und von schrecklichen Zeiten gesprochen. Damit möchte ich keineswegs relativieren, was wir jetzt erleben. Wir stehen an der Schwelle zu Erneuerung und Umwandlung. Wir sollten uns nicht verkriechen, sondern auf unseren Mikrokosmos schauen, darauf, was wir in unserer Nähe Gutes tun können. Ob nebenan nicht eine Dame wohnt, die allein ist, und die ich einladen könnte. Oder, ob ich jemandem die Tür aufhalte und ihn dabei anlächle. Das wirkt, ich übe es täglich.

Zur Person

Ann-Kathrin Kramer, geboren am 4. April 1966 in Wuppertal (D), absolvierte die Schauspielschule Gmelin in München (D). Ihre erste Filmrolle erhielt sie im Jahr 1993, seitdem wirkte sie in zahlreichen Filmen und Fernseh-Serien mit. Im jüngst gezeigten Schlaganfall-Drama „Aus dem Leben“ spielte sie die Hauptrolle, an ihrer Seite Harald Krassnitzer, 64.

Die beiden sind seit 1999 ein Paar, zehn Jahre später wurde geheiratet. Davor war sie mit dem Kollegen Jan Josef Liefers liiert. Aus dieser Beziehung stammt ihr Sohn Leonard, 27. Im Jahr 2005 schrieb Kramer das Kinderbuch „Matilda – Oder die aus dem Haus ohne Fenster“.
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