Ausgabe Nr. 49/2024 vom 03.12.2024, Fotos: AdobeStock, Quelle: Jugend-Internet-Monitor 2024, Franziska Liehl
Jugendverbot für soziale Medien
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Australien verbietet allen unter 16 Jahren den Zugang zu Internet-Plattformen wie TikTok oder Instagram. Bei uns dürfen Kinder sie erst ab 14 nutzen. Aber es gibt wenig Kontrollen.
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Ein Drittel der Kinder und Jugendlichen zwischen zehn und 18 Jahren kann sich ein Leben ohne soziale Medien nicht vorstellen, hat kürzlich eine deutsche Studie ergeben. Die überwiegende Mehrheit in dieser Altersgruppe nutzt sie, bis zu zwei Stunden täglich. Ergebnisse, die wohl weitgehend auf unser Land übertragbar sind.
In Australien hat die Regierung jetzt ein strenges „Soziale Medien“-Verbot für alle unter 16 Jahren beschlossen. „Ich habe mit Tausenden von Eltern, Großeltern, Tanten und Onkeln gesprochen, und sie sind wie ich zutiefst besorgt um die Online-Sicherheit unserer Kinder“, erklärt der australische Premier Anthony Albanese von den Sozialdemokraten den Vorstoß.
„Wir wissen, dass soziale Netzwerke sozialen Schaden anrichten und die Kinder von echten Freunden und echten Erfahrungen fernhalten“, meint er. Die Regierung wolle, „dass junge Australier eine Kindheit haben. Wir wollen, dass Eltern Seelenfrieden haben.“
Der Jugend-Bann für Netzwerke wie TikTok, Facebook oder Instagram soll innerhalb des nächsten Jahres in Kraft treten. Eine Ausnahme gibt es für die Video-Plattform YouTube, die teilweise auch als soziales Netzwerk funktioniert, ebenso wie für Online-Spiele-Plattformen und Nachrichten-Dienste wie WhatsApp.
Für die Nutzer soll es keine Strafen geben
Wie die Altersprüfungen tatsächlich ausschauen, soll aber erst in den kommenden Monaten geklärt werden. Den Betreibern drohen Strafen von bis zu 31 Millionen Euro, wenn sie sich nicht daran halten.
Angesichts der Gewinne der Tech-Riesen ist das aber wohl wenig mehr als Symbolpolitik. Allein der Facebook-Konzern Meta machte im Vorjahr mehr als 37 Milliarden Euro Gewinn. Zumal sich auch der australische Premier keinen Illusionen über die Sperren hingibt. „Wir wissen, dass einige Kinder Wege finden werden, sie zu umgehen, aber wir senden eine Botschaft an die Social-Media-Unternehmen, ihr Verhalten zu ändern.“
Für die Nutzer der verbotenen „Internet-Früchte“ sind in Australien keine Strafen geplant. Ausnahmen soll es geben, wenn Plattformen „risikoarme Dienste“ anbieten. Der Tech-Milliardär Elon Musk, Eigentümer der Plattform X (früher Twitter) hat dort den Gesetzesentwurf kritisiert. „Es scheint ein Weg zu sein, den Zugang zum Internet für alle Australier durch die Hintertür zu kontrollieren.“
Bei uns dürften Jugendliche eigentlich erst ab 14 Jahren die sozialen Medien nutzen. „Die Datenschutzgrundverordnung regelt auf europäischer Ebene, ab wann Kinder selbst zustimmen können, dass ihre personenbezogenen Daten verarbeitet werden. Das ist in Österreich ab 14 Jahren“, erklärt Matthias Jax von der Initiative Saferinternet.at (deutsch: Sichereres Internet). Manche Plattformen verlangen ein noch höheres Mindestalter, Kontrollen gibt es aber kaum.
„Soziale Netzwerke wie Facebook, TikTok oder Instagram sind angehalten, diese Altersgrenze einzuhalten“, weiß Matthias Jax. „Allerdings sehen wir in der Praxis, dass es meist nur ein Klick ist, mit dem man angibt, alt genug zu sein und sich anmeldet.“
Große Plattformen müssen jedoch schon heute „die Konten von Kindern unter der Altersgrenze sperren und löschen. Das ist ein Katz- und Mausspiel. Auf TikTok läuft etwa ein Algorithmus, der versucht zu erkennen, wie sich der Nutzer verhält, welche Informationen er von sich preisgibt oder welche Videos er anschaut.“ Wird erkannt, dass ein Kind dort unterwegs ist, „dann wird das Konto entweder eingeschränkt, gesperrt oder gelöscht. Die Kinder sind natürlich nicht blöd, die machen sich halt einfach ein neues auf.“
Negative Auswirkungen auf das Körperbild
Aber wie gefährlich die „sozialen Medien“, die manche auch unsozial nennen, tatsächlich für unsere Kinder sind – da gehen die Meinungen und Erfahrungen weit auseinander. Für viele ist es einfach eine Möglichkeit der Unterhaltung, manche finden dort Unterstützung und Gleichgesinnte. Für andere ist es ein Quell der Beleidigungen und Angriffe. Und nicht nur bei Mädchen bergen sie die Gefahr, dass sie sich negativ auf das Körperbild und das Selbstwertgefühl auswirken.
So zeigte eine Studie der Organisation „Internet Matters“ (deutsch: Internet-Angelegenheiten oder Internet ist wichtig) mit Unterstützung von TikTok, die Auswirkungen etwa von Schönheitsfiltern. Darin berichtet etwa eine 17jährige Schwedin: „Ich habe einen Effekt getestet, der meine Lippen größer aussehen lässt. Zuvor hatte ich nie ein Problem mit meinen Lippen. Jetzt kann ich sie nicht mehr betrachten, ohne das Gefühl zu haben, dass sie viel zu klein sind und mehr wie der Effekt aussehen sollten.“ Einige Schönheitsfilter sollen von TikTok jetzt für Minderjährige verboten werden.
Der US-Psychologe Jonathan Haidt ist sogar überzeugt, dass die weitverbreitete Nutzung von Smartphones in Kombination mit den sozialen Netzwerken für die weltweite Krise der psychischen Gesundheit zumindest mitverantwortlich ist. Er empfiehlt Eltern eine Smartphone-Grenze von rund 14 Jahren und keine sozialen Medien vor dem 16. Lebensjahr.
Die weitreichenden geplanten Zugangsbeschränkungen in Australien verfolgen Experten auch hierzulande. „Grundsätzlich finden wir es erfreulich, dass es eine Diskussion über Verbote von sozialen Netzwerken gibt. Das hilft, über die Risiken nachzudenken und den Druck auf die Plattformen zu erhöhen, mehr für den Schutz von Kindern und Jugendlichen zu tun“, sagt Matthias Jax von Saferinternet.at.
Auch wenn Kinder wohl Wege finden werden, technische Hürden zu umgehen, „bekommt das Thema dadurch mehr Aufmerksamkeit“, hofft Jax. Das Tückische sei allerdings, dass Kinder- und Jugendschutz in der digitalen Welt komplexer ist, „als dass es mit einem einfachen Verbot von sozialen Netzwerken erledigt wäre“. Denn der Rest der digitalen Welt ist für die Kinder weiterhin offen.
Deshalb empfehlen die Internet-Experten, „das Smartphone dem Kind nicht einfach in die Hand zu drücken. Die Familie sollte sich vorab Regeln überlegen – zum Beispiel, wo ist das Telefon beim Mittagstisch am Wochenende, bis wann darf es abends genutzt werden, wird es außerhalb des Schlafzimmers aufgeladen, was ganz wichtig ist.“
Aber Eltern sollten auch ansprechen, „was tun die Kinder, wenn sie über Inhalte stolpern, die ihnen Angst machen, wem wollen sie folgen, was wollen sie auf der Plattform tun“, erklärt Jax. „Das Kind sollte immer zu ihnen kommen dürfen. Je jünger die Kinder sind, desto sinnvoller ist es zudem, technische Kinderschutz-Einrichtungen zu nutzen, damit es einen Basisschutz gibt.“
In Australien hat die Regierung jetzt ein strenges „Soziale Medien“-Verbot für alle unter 16 Jahren beschlossen. „Ich habe mit Tausenden von Eltern, Großeltern, Tanten und Onkeln gesprochen, und sie sind wie ich zutiefst besorgt um die Online-Sicherheit unserer Kinder“, erklärt der australische Premier Anthony Albanese von den Sozialdemokraten den Vorstoß.
„Wir wissen, dass soziale Netzwerke sozialen Schaden anrichten und die Kinder von echten Freunden und echten Erfahrungen fernhalten“, meint er. Die Regierung wolle, „dass junge Australier eine Kindheit haben. Wir wollen, dass Eltern Seelenfrieden haben.“
Der Jugend-Bann für Netzwerke wie TikTok, Facebook oder Instagram soll innerhalb des nächsten Jahres in Kraft treten. Eine Ausnahme gibt es für die Video-Plattform YouTube, die teilweise auch als soziales Netzwerk funktioniert, ebenso wie für Online-Spiele-Plattformen und Nachrichten-Dienste wie WhatsApp.
Für die Nutzer soll es keine Strafen geben
Wie die Altersprüfungen tatsächlich ausschauen, soll aber erst in den kommenden Monaten geklärt werden. Den Betreibern drohen Strafen von bis zu 31 Millionen Euro, wenn sie sich nicht daran halten.
Angesichts der Gewinne der Tech-Riesen ist das aber wohl wenig mehr als Symbolpolitik. Allein der Facebook-Konzern Meta machte im Vorjahr mehr als 37 Milliarden Euro Gewinn. Zumal sich auch der australische Premier keinen Illusionen über die Sperren hingibt. „Wir wissen, dass einige Kinder Wege finden werden, sie zu umgehen, aber wir senden eine Botschaft an die Social-Media-Unternehmen, ihr Verhalten zu ändern.“
Für die Nutzer der verbotenen „Internet-Früchte“ sind in Australien keine Strafen geplant. Ausnahmen soll es geben, wenn Plattformen „risikoarme Dienste“ anbieten. Der Tech-Milliardär Elon Musk, Eigentümer der Plattform X (früher Twitter) hat dort den Gesetzesentwurf kritisiert. „Es scheint ein Weg zu sein, den Zugang zum Internet für alle Australier durch die Hintertür zu kontrollieren.“
Bei uns dürften Jugendliche eigentlich erst ab 14 Jahren die sozialen Medien nutzen. „Die Datenschutzgrundverordnung regelt auf europäischer Ebene, ab wann Kinder selbst zustimmen können, dass ihre personenbezogenen Daten verarbeitet werden. Das ist in Österreich ab 14 Jahren“, erklärt Matthias Jax von der Initiative Saferinternet.at (deutsch: Sichereres Internet). Manche Plattformen verlangen ein noch höheres Mindestalter, Kontrollen gibt es aber kaum.
„Soziale Netzwerke wie Facebook, TikTok oder Instagram sind angehalten, diese Altersgrenze einzuhalten“, weiß Matthias Jax. „Allerdings sehen wir in der Praxis, dass es meist nur ein Klick ist, mit dem man angibt, alt genug zu sein und sich anmeldet.“
Große Plattformen müssen jedoch schon heute „die Konten von Kindern unter der Altersgrenze sperren und löschen. Das ist ein Katz- und Mausspiel. Auf TikTok läuft etwa ein Algorithmus, der versucht zu erkennen, wie sich der Nutzer verhält, welche Informationen er von sich preisgibt oder welche Videos er anschaut.“ Wird erkannt, dass ein Kind dort unterwegs ist, „dann wird das Konto entweder eingeschränkt, gesperrt oder gelöscht. Die Kinder sind natürlich nicht blöd, die machen sich halt einfach ein neues auf.“
Negative Auswirkungen auf das Körperbild
Aber wie gefährlich die „sozialen Medien“, die manche auch unsozial nennen, tatsächlich für unsere Kinder sind – da gehen die Meinungen und Erfahrungen weit auseinander. Für viele ist es einfach eine Möglichkeit der Unterhaltung, manche finden dort Unterstützung und Gleichgesinnte. Für andere ist es ein Quell der Beleidigungen und Angriffe. Und nicht nur bei Mädchen bergen sie die Gefahr, dass sie sich negativ auf das Körperbild und das Selbstwertgefühl auswirken.
So zeigte eine Studie der Organisation „Internet Matters“ (deutsch: Internet-Angelegenheiten oder Internet ist wichtig) mit Unterstützung von TikTok, die Auswirkungen etwa von Schönheitsfiltern. Darin berichtet etwa eine 17jährige Schwedin: „Ich habe einen Effekt getestet, der meine Lippen größer aussehen lässt. Zuvor hatte ich nie ein Problem mit meinen Lippen. Jetzt kann ich sie nicht mehr betrachten, ohne das Gefühl zu haben, dass sie viel zu klein sind und mehr wie der Effekt aussehen sollten.“ Einige Schönheitsfilter sollen von TikTok jetzt für Minderjährige verboten werden.
Der US-Psychologe Jonathan Haidt ist sogar überzeugt, dass die weitverbreitete Nutzung von Smartphones in Kombination mit den sozialen Netzwerken für die weltweite Krise der psychischen Gesundheit zumindest mitverantwortlich ist. Er empfiehlt Eltern eine Smartphone-Grenze von rund 14 Jahren und keine sozialen Medien vor dem 16. Lebensjahr.
Die weitreichenden geplanten Zugangsbeschränkungen in Australien verfolgen Experten auch hierzulande. „Grundsätzlich finden wir es erfreulich, dass es eine Diskussion über Verbote von sozialen Netzwerken gibt. Das hilft, über die Risiken nachzudenken und den Druck auf die Plattformen zu erhöhen, mehr für den Schutz von Kindern und Jugendlichen zu tun“, sagt Matthias Jax von Saferinternet.at.
Auch wenn Kinder wohl Wege finden werden, technische Hürden zu umgehen, „bekommt das Thema dadurch mehr Aufmerksamkeit“, hofft Jax. Das Tückische sei allerdings, dass Kinder- und Jugendschutz in der digitalen Welt komplexer ist, „als dass es mit einem einfachen Verbot von sozialen Netzwerken erledigt wäre“. Denn der Rest der digitalen Welt ist für die Kinder weiterhin offen.
Deshalb empfehlen die Internet-Experten, „das Smartphone dem Kind nicht einfach in die Hand zu drücken. Die Familie sollte sich vorab Regeln überlegen – zum Beispiel, wo ist das Telefon beim Mittagstisch am Wochenende, bis wann darf es abends genutzt werden, wird es außerhalb des Schlafzimmers aufgeladen, was ganz wichtig ist.“
Aber Eltern sollten auch ansprechen, „was tun die Kinder, wenn sie über Inhalte stolpern, die ihnen Angst machen, wem wollen sie folgen, was wollen sie auf der Plattform tun“, erklärt Jax. „Das Kind sollte immer zu ihnen kommen dürfen. Je jünger die Kinder sind, desto sinnvoller ist es zudem, technische Kinderschutz-Einrichtungen zu nutzen, damit es einen Basisschutz gibt.“
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