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Ausgabe Nr. 48/2024 vom 26.11.2024, Fotos: Zeppelzauer
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Dr. Bettina und Dr. Alexander Kottas-Heldenberg leiten den Betrieb.
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Ein Blickfang im Inneren des Kräuterhauses sind zweifelsohne die schwarz lackierten Läden hinter den Verkaufstheken.
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Die Heilkräuter werden nach strengen Richtlinien des österreichischen und europäischen Arzneibuches auf ihre Wirkstoffe geprüft.
Tee mit Tradition
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Mehr als 600 Heilkräuter werden derzeit im Kottas Kräuterhaus verarbeitet. Das Familienunternehmen feiert im nächsten Jahr sein 230jähriges Bestehen.
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Der Wind trägt den Duft der Kräuter durch die Straßen
der Wiener Altstadt. Noch bevor die Augen auf das Gebäude aufmerksam werden, tut es die Nase. Das Kottas Kräuterhaus an der Freyung im ersten Gemeindebezirk
ist wie Urlaub für unsere Riechzellen. „Wenn Touristen
vorbeigehen, können sie die vielen Gerüche gar nicht
zuordnen. Aus Neugierde betreten sie dann das Geschäft“, sagt Dr. Bettina Kottas-Heldenberg.

Ihr Mann, Dr. Alexander Kottas-Heldenberg, hat das Familienunternehmen von seinem Vater übernommen. Im nächstes Jahr feiert es sein 230jähriges Bestehen, die Familie leitet den Betrieb in achter Generation. Das Paar hat Medizin studiert und sich an der Universität kennengelernt. Aus der Jugendliebe von damals wurden 35 Jahre Ehe. Alexander Kottas-Heldenberg hat als Dermatologe praktiziert, mit Übernahme des Betriebes im Jahr 2000 den Arztkittel aber an den Haken gehängt. Seine Frau war bis 2014 als Allgemeinmedizinerin tätig, mittlerweile widmet sie sich ebenfalls mit großer Leidenschaft der Geschäftsführung.

Ein Blickfang im Inneren des Kräuterhauses sind zweifelsohne die schwarz lackierten Läden hinter den Verkaufstheken. Es sind Originale aus dem Jahr 1795, die lateinische Beschriftungen wie „Flor. Chamom. Rom.“ (Römische Kamille) tragen. Darin werden bis heute die Kräuter trocken gelagert.

Pflanzen werden streng geprüft

Das Unternehmen ist bekannt für Arzneitees, für die ausschließlich Heilkräuter verarbeitet werden. Dem Ehepaar ist wichtig zu betonen, dass die Produkte keinen Ersatz für die klassische Schulmedizin darstellen, sondern ergänzend, als Komplementärmedizin, gesehen werden können. „Der Tee hilft uns, nicht nur gesund zu werden, sondern vor allem gesund zu bleiben“, sagt Dr. Alexander Kottas-Heldenberg.

Die Heilkräuter werden nach strengen Richtlinien des österreichischen und europäischen Arzneibuches auf ihre Wirkstoffe geprüft. Kräuter, die bei der Prüfung „durchfallen“, werden nicht ins Sortiment aufgenommen. „Das ist wie bei gutem Wein, der hat auch seinen Preis und braucht eine entsprechende Qualität“, weiß Dr. Bettina Kottas-Heldenberg.

Ihr Mann erklärt die höheren Kosten. „Die meisten Kräuter werden in der Natur wild gesammelt, ein konventioneller Anbau ist nicht bei allen Pflanzen möglich und üblich. Das Weidenröschen etwa wächst nur auf lichten Waldstellen.“ Es ist auch sein persönlicher Favorit unter den Heilkräutern. „Es ist gut für die Prostata und Blase, deshalb auch als Männerkraut bekannt“, merkt er augenzwinkernd an. In der kalten Jahreszeit trinkt Dr. Bettina Kottas-Heldenberg ihren Tee am liebsten mit Passionsblumen. „Sie gelten als Stresslöser und sind gerade im Winter eine blumige Erfrischung.“ Mehr als 600 Heilkräuter sind im Sortiment zu finden, die meisten davon stammen aus dem alpenländischen Raum. Dabei hat jede Pflanze ihre eigene Wirkungskraft.

„Brennnesseln (100 g/€ 5,75) helfen, Niere und Blase durchzuspülen. Salbei (100 g/€ 5,75) wirkt wohltuend bei Halsweh und kann starke Schweißbildung reduzieren. Hier kann ein lauwarmer Teebeutel, unter der Achsel eingeklemmt, Abhilfe schaffen. Spitzwegerich ist bei Husten gut für die Bronchien. Mariendistel tut der Leber gut“, weiß der gelernte Mediziner. Im Bereich der Magen-Darm-Gesundheit ist die Käsepappel Vorreiter. „Die Schleimstoffe legen einen schützenden Film über die Magenschleimwand, wie ein Pflaster.“ Die Bitterstoffe im Tausendguldenkraut oder Enzian sind besonders bei älteren Menschen appetitanregend und verdauungsfördernd. Getrocknete Heidelbeeren helfen bei Durchfall, Baldrian wirkt beruhigend und Lavendel ist angstlösend.

Bei Herz-Kreislauf-Beschwerden kann Weißdorn unterstützend wirken. Johanniskraut hat sich vor allem als natürliches Antidepressivum einen Ruf gemacht. Für Babys werden gegen Blähungen spezielle Tees mit Kümmel, Pfefferminze (100 g/€ 6,40) und Kamille angeboten. „Die Kamille ist ein richtiges Wunderkraut, darf aber nicht verwechselt werden mit ihren zahlreichen Doppelgängern.“

„Der Lebensstil hat sich gewandelt“

Das vielfältige Angebot passt zu der Beobachtung, die Dr. Alexander Kottas-Heldenberg seit einigen Jahren macht. „Die Menschen haben im Vergleich zu den 70er Jahren wieder mehr Körperbewusstsein. Als ich begonnen habe, als Arzt zu praktizieren, hatte ich das Gefühl, sie wollen ihren Körper bei mir abgeben wie ein Auto. Die wollten einfach nur etwas verschrieben haben, eine Reparatur quasi.

Selber mithelfen, um gesund zu bleiben oder selber etwas für die Gesundheit tun, das wollte kaum jemand. Die Lebensanschauung ist heute eine ganz andere, der Lebensstil hat sich komplett gewandelt.“

Es ist der Familie dabei ein Anliegen, althergebrachtes Wissen, das seit Jahrhunderten überliefert wird, an die nächste Generation weiterzugeben. Aber der Mediziner warnt, nicht alles zu glauben, was versprochen wird. „Immer wieder tauchen sogenannte neue Wundermittel auf. Der Umgang mit den Heilkräutern ist ein Beruf, den es zu erlernen gilt, und keine Pseudo-Wissenschaft.“

Am Verkaufsstandort in Wien sind elf Mitarbeiter beschäftigt, die als pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte und Drogistinnen ausgebildet sind. Zwei weitere Produktionsstätten befinden sich im 23. Wiener Gemeindebezirk, das Geschäft floriert. Für Dr. Alexander Kottas-Heldenberg ist sein Vater nach wie vor ein Vorbild, auch im Hinblick auf das Alter. Er wurde 93 Jahre alt. „Wir haben in der Familie gute Gene, aber wir haben auch immer viel Tee getrunken.“
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