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Ausgabe Nr. 46/2024 vom 12.11.2024, Foto: AdobeStock, Jonathan Borba/Tim Mossholder/unsplash
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​Wenn Frauen zu eigener Stärke finden.
Wenn Frauen zu eigener Stärke finden
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Falten, überschüssige Kilo oder mangelndes Selbstbewusstsein. Viele Frauen kämpfen mit dem Älterwerden. Zu Unrecht, wie der neue Frauenroman „Wir im besten Alter“ humorvoll zeigt. Die WOCHE bringt daraus wahre Schicksale von Frauen, die nach der Mitte des Lebens das Beste daran entdeckt haben und bereit sind, ihr Leben zu ändern.
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„Lieber allein als mit dem falschen Partner“
Lilly Sagmeister, Hotelmanagerin, 44


Vor einigen Jahren bin ich aufgewacht und wusste, dass ich nicht mehr so weitermachen wollte. Es fühlte sich immer mehr so an, als würde ich in einer Lüge leben. Nach außen schienen mein Mann und ich ein Bilderbuchleben zu führen, aber es war nicht echt. Ich denke, wir sind vor allem so lange zusammengeblieben, weil wir Kinder haben, ansonsten hat uns nicht viel verbunden.

Ich bin ein gläubiger, ruhiger Mensch. Er hingegen ist Atheist und geht am liebsten Motorradfahren. Ich habe lange gebraucht, um aus dieser langweiligen Routine auszubrechen. Ist das nicht verständlich? Haben nicht alle Menschen Angst vor dem Alleinsein? Ich wusste nicht, was ohne ihn auf mich zukommen würde. Würde ich noch einmal einen Mann finden, der sich aufrichtig für mich interessiert? Das kann mir niemand garantieren, aber ich wusste, dass es ,jetzt oder nie‘ hieß.

Weitere zwanzig Jahre in dieser Ehe hätten mich ruiniert und ihn vielleicht auch. Es war mein Alter, das mich das erkennen ließ. Die mittleren Jahre sind die Jahre der Erkenntnis, was sie so wichtig und wertvoll macht. Ich kann Frauen daher nur raten, gerne älter zu werden, denn sie werden mit den Jahren noch so vieles entdecken. Vor allem sich selbst. Ich habe zwar keine neue Beziehung, aber ich genieße es, viel Zeit mit meinen Kindern und Freunden zu verbringen und habe keine Angst mehr vor dem Alleinsein.“ Lieber allein als mit dem falschen Partner!

„Ich habe für ihn auf Kinder verzichtet“
Nadine Bauer, 45, Anwältin


Häng ihm ein Kind an.“ Das riet mir eine gute Freundin vor etwa zehn Jahren. Damals war ich noch verheiratet und über ihre Worte schockiert. So etwas macht ein anständiger Mensch doch nicht. Mein Ex-Mann wollte keine Kinder und das habe ich respektiert. Ich habe ihn immer geliebt und bewundert, 25 Jahre lang.

Er war klug, attraktiv und gebildet. Gemeinsam haben wir eine Anwaltskanzlei aufgebaut, einander unterstützt und viele Interessen geteilt, vor allem sind wir gerne verreist. Doch vor einigen Jahren merkte ich, dass etwas nicht stimmte. Er ging meinen Berührungen aus dem Weg und wirkte abweisend, wenn ich mit ihm redete.

Schließlich kam ich hinter seine vielen kleinen Geheimnisse. Er hatte immer wieder kurze Bekanntschaften, zuletzt mit einer Studentin, die sich bei uns in der Kanzlei beworben hatte. Da platzte mir der Kragen, und ich schmiss ihn aus dem Haus. Früher hätte mir dazu die Kraft gefehlt. Doch in meinem Alter wissen Frauen, was sie wollen und was nicht. Ich will keinen Mann, der in andere Betten steigt.

Meine Eltern waren einander treu. Dieses Glück hatte ich mit meinem Ex-Mann nicht. Dennoch bereue ich es nicht, ihn geheiratet zu haben. Gerade diese Enttäuschung hat mich entschlossener und stärker werden lassen. Schade nur, dass ich keine Kinder habe. Ich wäre eine gute Mutter, aber wer weiß, es passieren Wunder. Geht mein Wunsch nicht mehr in Erfüllung, werde ich mein Leben dennoch genießen, das habe ich verdient.“

„Ich war mehr als 15 Jahre seine Zweitfrau“
Burglind Rowinsky, 47, Marketingangestellte


Er hat mir gleich gefallen, vom ersten Augenblick an, obwohl er kein attraktiver Mann war. Josef war etwas klein und stark behaart, aber er war unglaublich witzig, charmant und als Unternehmer erfolgreich. Josef hat einen kleinen, gut gehenden Betrieb aufgebaut. Das imponierte mir. Als ich ihn kennenlernte, war ich in meinen 20ern und eine richtige Lebefrau. Ich ging gerne aus und genoss mei Studentenleben in vollen Zügen.

Ich sah ihn das erste Mal in einer Bar. Er sprach mich an und sagte mir nach nur wenigen Minuten, dass ich ihm gefallen würde, er aber verheiratet sei und einen kleinen Sohn habe. Ich habe dennoch etwas mit ihm angefangen und war 15 lange Jahre seine Zweitfrau. Wir haben zwei Kinder miteinander. Ich weiß, wie absurd diese Geschichte für viele Menschen klingt, aber so war mein Leben nun einmal. Etwa drei Mal pro Woche war Josef nachmittags und abends bei uns, den Rest seiner Zeit verbrachte er mit seiner Frau und seinem Sohn.

Für ihn lief es so immer gut, aber für mich wurde es mit den Jahren immer schwerer. Erst jetzt, mit fast 50, habe ich die Kraft, mich zu distanzieren. Daher sind diese mittleren Jahre so wichtig. Sie haben mich stark werden lassen. Ich hoffe, dass ich einen Mann finde, mit dem ich gemeinsam alt werden kann, denn das wünsche ich mir am meisten. Manchmal frage ich mich, warum ich so lange mit einem verheirateten Mann zusammen war. Vielleicht wollte ich ja einen, den ich nicht haben kann. Ich bin dabei, das herauszufinden.“

„Mit vierzig kamen Kindheitstraumen hoch“
Greta Gruber, 41, Texterin


Die mittleren Jahre sind die spannendsten. Denn sie zeigen, was aus uns geworden ist und ob wir unser Leben im Griff haben. Lange dachte ich, ich hätte das perfekte Leben, einen liebevollen Mann, einen wunderbaren Sohn und nette Freundinnen, auch hat mir die Arbeit immer Spaß gemacht. Doch irgendwie war ich nicht glücklich. So richtig fiel mir das erst mit 40 auf. Ich war mit nichts zufrieden, mit mir selbst am allerwenigsten.

Meine vielen kleinen und größeren Falten störten mich unglaublich, und ich ärgerte mich über meine schlaffe Haut. Sah ich junge, fesche Frauen, fühlte ich mich traurig und frustriert. Da spürte ich, wie mich meine Vergangenheit eingeholt hatte. Meine Mutter war ein liebloser Mensch. Sie kritisierte mich ständig. Ich war zu dünn und zu ungeschickt, die Nachbarskinder waren für sie immer besser als ich. Die Selbstzweifel, die sie mir damit eingepflanzt hatte, spürte ich plötzlich wieder. Ich stellte mein ganzes Leben infrage und begann sinnlose Flirts, um mehr Anerkennung zu bekommen.

Wäre ich jünger gewesen, hätte ich mein gutes Leben vermutlich völlig zerstört. Doch als ich eines Abends meinem Mann und meinem Sohn beim Kartenspielen zusah, wusste ich, dass ich mich zusammenreißen musste. Zu viel stand auf dem Spiel. Mittlerweile mache ich eine Therapie. Ich lerne dort, so zu sein, wie ich bin, voll Dankbarkeit für das Leben, das ich führen darf.“
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