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Ausgabe Nr. 46/2024 vom 12.11.2024, Fotos: Zeppelzauer
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Der Christophorusstein.
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Das Teufelsbett.
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Andrea Feiler klärt über das Granitvorkommen auf.
Sagenumwobene Steinriesen
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In der Blockheide (NÖ) werden Besuchern Sagen rund um den Silberschatz oder das Teufelsbett nähergebracht. Auch über altes Granithandwerk gibt es einiges zu erfahren.
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Im Wald ist es vollkommen still. Es riecht nach feuchtem Laub, Moos und nach Erde. Der Boden unter den Füßen ist von Wurzeln durchzogen und bereits etwas gefroren.

Die Wege in der Blockheide in Gmünd-Eibenstein, im nördlichen Niederösterreich, sind gesäumt von Pilzen und Farnen und führen vorbei an Birken, Rotföhren und Heidekraut. Eine Landschaftsform, die erst wieder in Skandinavien vorzufinden ist. Andrea Feiler ist als Touristenführerin im Naturpark unterwegs und bleibt ehrfürchtig vor dem Christophorusstein, einer sechs Meter hohen Felsformation, stehen.

Der Stein ist mehr als 300 Millionen Jahre alt und ragt imposant in die Höhe. „In der Mitte ist ein Geheimgang, beim Durchgehen bleiben Ärger und schlechte Gedanken im Felsen hängen. Es ist eine innerliche Reinigung“, erklärt Feiler mit einem Augenzwinkern. Für die 58jährige hat der Ort dennoch eine fast schon magische Wirkung.

„Steine haben eine immense Kraft“

„Steine haben eine immense Kraft. Sie strahlen Stärke aus und helfen uns, uns zu erden.“

Durch die sogenannte Wollsackverwitterung wurde der Felsen über die Jahre geformt. Äußere Umwelteinflüsse und die Säure im Stein verpassten ihm seine Rundungen.

Der Christophorusstein ist auch Feilers persönliches Lieblingsplatzerl im Naturpark. „Wenn es mir schlecht geht, komme ich hierher. Hier bekomme ich den Kopf frei und kann Energie tanken. In Zeiten der Reizüberflutung zwingt mich der Wald innezuhalten.“ Die gebürtige Gmünderin ist seit zehn Jahren leidenschaftlich als Touristenführerin engagiert, in den Sommermonaten kommt sie auf bis zu 13 Führungen pro Monat.

„Ich mache das, weil ich meine Heimat teilen möchte. Was wir hier haben, ist österreichweit einzigartig.“ Feiler bietet geführte Wanderungen als „Granit- und Mythologie-Touren“ im Naturpark an. Rund 120.000 Besucher kommen jährlich in die Blockheide, die mehr als 105 Hektar Fläche umfasst, das entspricht etwa der Fläche von Linz.

Ihren Namen verdankt die Mythologie-Tour den Sagen und Legenden, die sich um die Plätze ranken. Wie jene um die Mondteiche (ehemalige, mit Grundwasser gefüllte Steinbrüche), die inmitten der Waldlandschaft zu finden sind und deren Oberflächen schwarz glänzen.

Die Sage des Silberschatzes wird hier von Generation zu Generation weitergegeben. „Einst zog das Heidemännlein mit einer Tasche voller Silbertaler durch die Blockheide und beschenkte jeden Wanderer, auf den es traf. Als die Banditen davon hörten, fürchtete sich das Heidemännlein, bestohlen zu werden. Also versenkte es alle Silbertaler in den Mondteichen. Wer bei Vollmond ganz genau schaut, kann den geheimen Schatz an der Oberfläche glitzern sehen.“

Auch dem Teufel wurden einige Geschichten angedichtet, erzählt Feiler, während sie auf das „Teufelsbett“ zeigt. „Einst stahl der Teufel eine Decke samt Polster von einer Bäuerin, um sich hier schlafen zu legen. Doch die Bäuerin hat ihn überlistet und Flöhe darin versteckt. Vor lauter Zorn flüchtete er und verwandelte das Bett in Stein.“

Zehn Meter daneben befindet sich der „Teufelslaib“. „Da wollte der Teufel Brot backen, das Scherzerl fehlt sogar“, meint Feiler lachend.

Die Region ist als „Stonehenge Österreichs“ und für ihre Wackelsteine bekannt. Ihnen liegt ebenfalls eine Sage zugrunde. „Jesus Christus hat als Baby im Himmel furchtbar geschrien und war nicht zu beruhigen. In ihrer Verzweiflung haben ihn die Engel auf einen Stein in die Blockheide gelegt und dort in den Schlaf geschaukelt. Die Einbuchtung im Stein ist heute noch zu sehen.“

Alle Felsmonumente bestehen aus Granit, einem Tiefengestein. Granit hat das Handwerk der Region seit dem Mittelalter geprägt und zählt zu den wichtigsten Gesteinen des Waldviertels. Im Bezirk Gmünd befinden sich mehrere aktive Steinbrüche, in denen er abgebaut wird.

Der Name Granit kommt vom lateinischen Wort „granum“, das „Korn“ bedeutet, denn Granit ist ein festes Gemenge zahlreicher Körner. „Feldspat, Quarz und Glimmer, die drei vergess ich nimmer“, mit diesem Reim werden Volksschulkindern im Bezirk die Hauptbestandteile des Granits beigebracht.

Kuriositäten entlang des Weges

Feldspat bildet milchig trübe, meist weißliche, kleine Körner. Quarz glänzt fettig-glasig, ist durchsichtig und grau. Glimmer tritt in Form von Plättchen auf, die stark glänzen, also „glimmern“. Auf den mehr als drei Kilometern der Wanderung klärt Feiler Besucher über die Gewinnung, Bearbeitung und vielfältige Verwendung von Granit im Laufe der Jahre auf.

„Der Ausbau der Eisenbahn brachte im Jahr 1868 einen Aufschwung für die Granitindustrie. Die Steine wurden in die Länder der K.-u.-k.-Donaumonarchie transportiert. Gearbeitet wurde mit Ausschürfern, Puschettenkeilen oder Keilschlegeln, um den Stein in die gewünschte Form zu bringen.“ Ausgestellt sind diese Werkzeuge in der Steinmetzhütte.

Entlang des Weges können Kuriositäten wie Gruftplatten, ein Schweinestall aus dem Jahr 1864 oder Pferdetränken aus dem Mittelalter bestaunt werden. Waldviertler Granit findet sich heute unter anderem im Stift Zwettl (NÖ), bei der Salztorbrücke in Wien oder der Karlsbrücke in Prag (Tschechien).

Martin Hofmann, der Obmann-Stellvertreter des Blockheide-Vereines, betont, dass der Nationalpark das ganze Jahr über besucht werden kann. Der 56jährige plädiert dafür, sich gerade in der kalten Jahreszeit an der frischen Luft zu bewegen. „Auf keinen Fall zu Hause beim Heizkörper verschanzen. Nichts ist besser fürs Immunsystem als ein ausgiebiger Spaziergang im Wald. Und welcher Ort würde sich dafür besser eignen als das Waldviertel?“
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