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Ausgabe Nr. 45/2024 vom 05.11.2024, Fotos: picturedesk.com, zvg
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Polizei im Umfeld der Fundstelle bei Altenfelden.
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Ein Hubschrauber wurde zur Bergung eingesetzt.
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Rudolf Winkelmayer
Psychotests für Jäger nach Doppelmord gefordert
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Der Jäger Roland Drexler, 56, gilt als Doppelmörder, der im Bezirk Rohrbach (OÖ) zwei Männer erschossen haben soll und anschließend die Flucht ergriff. Tage später wurde der Familienvater nun tot aufgefunden. Tierschützer fordern jetzt Psychotests für Jäger.
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Die Suche nach dem mutmaßlichen Doppelmörder Roland Drexler war nach fünf Tagen beendet. Der „Rambo-Roland“, wie ihn Freunde nannten, wurde am Samstag von der Polizei tot aufgefunden – in einem abgelegenen Waldstück in der Gemeinde Arnreit, im Bezirk Rohrbach in Oberösterreich, eingeklemmt zwischen zwei Felsbrocken in einem tiefen Graben.

Die Ermittler gehen von Suizid aus. Auf seiner Flucht trug der 56jährige zwei Langwaffen und eine Faustfeuerwaffe bei sich, und neben seiner Leiche wurde auch eine Schrotflinte gefunden. Da der Körper an einer schwer zugänglichen Stelle lag, musste ein Hubschrauber zur Bergung eingesetzt werden.

Der Amok-Jäger, der zuletzt als Glasfasertechniker gearbeitet hatte, soll zudem einen Abschiedsbrief hinterlassen haben, doch die Ermittler hüllen sich über den Inhalt in Schweigen. Die Obduktion wurde von der Gerichtsmedizin Salzburg übernommen. Die Tat erregte weit über unsere Landesgrenzen hinaus Aufsehen, zumal selbst 250 Einsatzkräfte rund um die Uhr, darunter Polizisten, Kriminalisten und Einheiten des Sonderkommandos Cobra samt Drohnen und Wärmebildkameras nicht in der Lage waren, ihn zu finden.

Schwelende Konflikte in der regionalen Jägerschaft

Drexler war dreifacher, geschiedener Vater. Der passionierte Jäger und ehemalige Kommunalpolitiker – einst SPÖ-Fraktionsvorsitzender und Ortsparteimann im Gemeinderat Altenfelden (OÖ) – soll zwei Männer brutal erschossen haben. Zunächst Franz Hofer, den Bürgermeister von Kirchberg ob der Donau (64, ÖVP), wenig später einen ebenfalls 64jährigen pensionierten Polizisten in dessen Haus.

Das Motiv ist nach Angaben der Polizei noch unklar. Es dürfte sich um alte Jagdstreitigkeiten handeln, wird vermutet. „Roland war ein leidenschaftlicher Jäger, für ihn wäre der Verlust seiner Jagdlizenz das Schlimmste gewesen“, berichtet ein Bekannter, der anonym bleiben möchte.

Besonders die Raubwild-Jagd auf Dachse und Füchse habe Drexler begeistert, heißt es. „Für dieses Hobby hat er es mit dem Ankirren – also dem Anfüttern von Wild, um es anzulocken – oft übertrieben und überschritt regelmäßig die Grenzen seines eigenen Reviers.“

Die beiden Opfer hatten Drexler mehrfach wegen dieser Verstöße angezeigt. „Er hat mir selbst gesagt, dass er sich etwas antun würde, wenn ihm die Jagdkarte entzogen wird, wie es bereits einmal der Fall war.“ Die schockierende Bluttat hat die knapp 1.200 Einwohner zählende Gemeinde Arnreit im oberen Mühlviertel erschüttert und wirft ein düsteres Licht auf die schwelenden Konflikte in der regionalen Jägerschaft

Während der vergangenen Tage war der Österreichische Tierschutzverein eine wichtige Anlaufstelle für verängstigte Menschen. Nun bekräftigt der Verein seine langjährige Forderung nach verpflichtenden Psychotests für Jäger und drängt auf deren rasche Umsetzung.

„Wir fordern eine verpflichtende psychologische Verlässlichkeitsprüfung. Es darf nicht sein, dass psychisch kranke oder unzurechnungsfähige Menschen Waffen führen und eine Gefahr für Mensch und Tier darstellen. Gerade die große Verantwortung, die die Jagd mit sich bringt, erfordert strengere Vorschriften und Kontrollen – zum Schutz aller und für eine gemeinsame sichere Zukunft“, erklärt der Pressesprecher Alexios Wiklund und verweist darauf, dass es hierzulande rund 132.000 Jagdkartenbesitzer gibt.

„Sie genießen alle eine fragwürdige Sonderstellung im Waffengesetz. Während alle anderen Waffenbesitzer in unserem Land eine psychologische Überprüfung durchlaufen müssen, sind Jäger von dieser wichtigen Sicherheitsmaßnahme ausgenommen“, kritisiert Wiklund.

Ein Vorbild könnte die Niederlande sein. Dort wurde im Jahr 2019 ein Online-Test, der sogenannte „E-Screener“, eingeführt, um die psychische Verfassung von Jägern zu überprüfen. In diesem Test müssen die Teilnehmer 100 Fragen beantworten, die anschließend von der Polizei ausgewertet werden.

So wird etwa gefragt, ob die Waffenbesitzer manchmal unter Traurigkeit oder Depression leiden. Wer den Test nicht besteht, dem werden alle Waffen sowie der Jagdschein und somit die Erlaubnis zum Waffenbesitz entzogen.

Anlass für die Einführung des Tests war ein Amoklauf im Jahr 2011. Die Ergebnisse des „E-Screeners“ sind alarmierend. In der südlichen Provinz Limburg gelten rund 25 Prozent der Waffenbesitzer als nicht geeignet, eine Waffe zu führen.

Im übrigen Land scheiterten etwa 20 Prozent der Teilnehmer am Test, was ebenfalls zum Entzug der Waffen und der Jagderlaubnis führte, so der niederländische Jagdverband. Der pensionierte Tierarzt, Tierethiker und ehemalige Jäger Dr. Rudolf Winkelmayer setzt sich hierzulande für eine streng regulierte Jagdpraxis ein. „Mit dem Ziel, die Artenvielfalt zu schützen und eine respektvolle Jagdkultur zu fördern. Die Jagd sollte ausschließlich von professionellen Wildhütern ausgeübt werden.“

Zur einheitlichen Umsetzung hat Winkelmayer ein Volksbegehren ins Leben gerufen. Unter www.bundesjagdgesetz.at wird ein Bundesjagdgesetz gefordert, bislang hat jedes Bundesland seine eigenen Regeln. Dabei geht es nicht nur um ein Verbot tierquälerischer Praktiken wie der Baujagd auf Füchse und den Abschuss von Haustieren, sondern auch um einen vollständigen Ausstieg aus der Bleimunition. Mitglieder von Tierschutz Austria haben berechnet, dass jährlich rund 30 Tonnen Bleimunition in unseren Wäldern und Feldern verbleiben – Schätzungen gehen sogar vom Dreifachen aus.

Drei Millionen Schrotkugeln belasten die Umwelt schwer

Winkelmayer verdeutlicht den enormen Munitionsbedarf. „Um einen Hasen zu erlegen, werden durchschnittlich drei Schüsse benötigt, und bei der Treibjagd auf zehn Fasane werden mindestens 30 Schrotpatronen eingesetzt. Eine Patrone wiegt etwa 36 Gramm und enthält rund 200 kleine Bleikugeln von drei Millimetern Durchmesser. Sie verteilen sich beim Abschuss in einem breiten Streumuster und erhöhen so die Trefferchance bei beweglichem Wild.“

Bei Rehen oder Gämsen kommen hingegen Kugeln zwischen fünf und 15 Gramm zum Einsatz, die speziell auf gezielte Abschüsse ausgelegt sind.

„Hochgerechnet auf alle jährlich erlegten Tiere summiert sich die Jagdmunition in freier Wildbahn auf etwa drei Millionen Schrotkugeln und Jagdgeschosse“, rechnet Winkelmayer vor. Diese Rückstände belasten die Umwelt schwer, da das Blei negative Auswirkungen auf die Tierwelt und die Natur hat. Insgesamt werden etwa 100 Tonnen Bleimunition pro Jahr in unserem Land verkauft.
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