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Ausgabe Nr. 44/2024 vom 28.10.2024, Foto: AdobeStock
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Mit den „Schaukel“-Staaten an die Macht
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Ob Donald Trump oder Kamala Harris ins Weiße Haus einzieht, ist völlig offen. Die Entscheidung fällt in wenigen Bundesstaaten. Dorthin fließen das meiste Geld und der höchste Einsatz.
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Der Parkplatz war abgesperrt, die Filiale geschlossen. Ende Oktober stand Donald Trump selbst an der Fritteuse bei der „Fleischlaberl“-Kette McDonald‘s. Wähler und Schaulustige beäugten das Spektakel hinter Absperrungen.

Dass der Auftritt des 78jährigen Republikaners ausgerechnet in einem Schnellrestaurant im US-Staat Pennsylvania stattfand, ist kein Zufall. Der Bundesstaat gehört zu den sogenannten „Swing States“ (englisch für „Schaukel-Staaten“).

Niemand kann in diesen Staaten den Wahlsieger vorhersagen. Anders als in den meisten US-Staaten wechseln dort die Wähler je nach Präsidentschafts-Kandidat und wirtschaftlicher Lage das politische Lager.

Sie schwingen wie bei einer Schaukel von einer Seite zur anderen. Einmal machen die Demokraten das Rennen, das andere Mal die Republikaner. Oft trennen sie nur wenige tausend Stimmen.

Um Präsident zu werden, braucht es 270 Wahlleute

Bedeutsam macht diese Staaten das amerikanische Präsidentschafts-Wahlsystem. Die Bürger stimmen nicht für den jeweiligen Kandidaten, sondern für Wahlleute.

Die wiederum wählen erst im Dezember den Präsidenten. Insgesamt gibt es 538 Wahlleute. Um zu gewinnen, sind mindestens 270 davon notwendig. Je größer der Bundesstaat, desto mehr Wahlleute stellt er in der Regel. Sie werden fast überall nach dem Motto „Der Sieger bekommt alles“ aufgeteilt. Die Partei, die in dem Staat gewinnt, erhält die Stimmen aller Wahlleute.

Das kann knapp sein. Im Jahr 2000 wurde im Bundesstaat Florida nach einem wochenlangen Auszählungskrimi der republikanische Kandidat George W. Bush zum Gewinner erklärt. Ihn trennten nur 537 Stimmen von seinem demokratischen Gegner. Bush bekam die 25 Wahlleute Floridas und zog ins Weiße Haus ein. Wer jetzt am 5. November das Rennen macht, ist völlig offen. Das Zünglein an der Waage sind die noch unentschlossenen Wähler in den sieben „Schaukel-Staaten“.

Nirgendwo sonst wird so viel Geld für den Wahlkampf ausgegeben. Nirgendwo sonst gibt es so viele Auftritte von Trump und seiner demokratischen Gegnerin Kamala Harris.

Die 60jährige Vizepräsidentin hat zudem prominente Unterstützung. Ex-Präsident Barack Obama, 63, tourt für sie durch die Wechselwähler-Staaten. Gesellschaft hatte er dabei schon von Rapper Eminem. Auch der Sänger Bruce Springsteen trat für Harris in „Schaukel-Staaten“ auf.

Milliardär Musk macht sich für Donald Trump stark

Obama selbst redete Mitte Oktober in Michigan den dortigen schwarzen Männern ins Gewissen. Denn bei ihnen kann Kamala Harris weniger punkten als noch Joe Biden vor vier Jahren. Das bringe ihn auf den Gedanken, „und ich spreche direkt zu den Männern, dass ihr einfach nicht mit der Idee einer Frau als Präsidentin zurechtkommt“, sagte Obama. Kamala Harris wäre die erste Frau an der Spitze der USA.

Aber auch Donald Trump hat bekannten Beistand. Der Milliardär Elon Musk zeigte sich vor ein paar Wochen begeistert bei einem Auftritt mit dem Republikaner im umkämpften Pennsylvania, im selben Ort, wo Trump nur knapp einem Attentat entgangen war. „Sie versuchen, euch die Meinungsfreiheit zu nehmen, das Recht zum Tragen von Waffen abzuschaffen und euer Recht zu wählen abzuschaffen“, behauptete Musk von den Demokraten.

Der 53jährige Musk will bis zur Wahl täglich eine Million Dollar (mehr als 900.000 Euro) an einen registrierten Wähler in einem der Wechsel-Staaten verlosen. Die Aktion richtet sich an jene, die eine Petition unterzeichnen, in der es um „die freie Meinungsäußerung und das Recht, Waffen zu tragen“ geht. Das US-Justizministerium soll zuletzt allerdings den Milliardär gewarnt haben, dass die Aktion möglicherweise gegen US-Wahlrecht verstoße.

Die Nerven liegen jedenfalls blank, je näher der Wahltermin rückt. Kamala Harris hat zwar den Rückstand des 81jährigen Biden gegenüber Trump weitgehend aufgeholt, aber ob es für das Weiße Haus reicht, ist ungewiss.

Für Kamala Harris ist Trump ein „Faschist“. Dieser wiederum erklärte, Harris sei „langsam“ und habe einen „niedrigen Intelligenzquotienten“.

Sachpolitisch ist Harris von manchen früheren Positionen abgerückt. Früher hat sie gefordert, „Fracking“ zu verbieten. Dabei wird Flüssigkeit unter hohem Druck in den Boden gepresst, um Öl und Gas zu fördern. Jetzt will sie das nicht mehr. In Pennsylvania ist „Fracking“ ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Der Bundesstaat könnte mit 19 Stimmen das Rennen um das Weiße Haus entscheiden.

Bei der Befürwortung des Rechts auf Abtreibung weicht sie nicht zurück. Trump versucht hingegen schon länger, seine Ablehnung zu relativieren. Dass sich seine Frau Melania in ihrem Buch jetzt für das Recht auf Abtreibung ausspricht, könnte laut Beobachtern Wahltaktik sein.

Das sind die umkämpften Staaten:

In diesen Bundesstaaten liegen oft nur wenige tausend Stimmen zwischen den Kandidaten.

Arizona - 11 Wahlleute
7,4 Millionen Einwohner
Sieger 2020: Joe Biden
Sieger 2016: Donald Trump

Georgia - 16 Wahlleute
11 Millionen Einwohner
Sieger 2020: Joe Biden
Sieger 2016: Donald Trump

Michigan - 15 Wahlleute
10 Millionen Einwohner
Sieger 2020: Joe Biden
Sieger 2016: Donald Trump

Nevada - 6 Wahlleute
3,2 Millionen Einwohner
Sieger 2020: Joe Biden
Sieger 2016: Hillary Clinton

North Carolina -
16 Wahlleute
10,8 Millionen Einwohner
Sieger 2020: Donald Trump
Sieger 2016: Donald Trump

Pennsylvania -
19 Wahlleute
13 Millionen Einwohner
Sieger 2020: Joe Biden
Sieger 2016: Donald Trump

Wisconsin - 10 Wahlleute
5,9 Millionen Einwohner
Sieger 2020: Joe Biden
Sieger 2016: Donald Trump
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