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Ausgabe Nr. 39/2024 vom 24.09.2024, Foto: AdobeStock
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Wenn im Morgentau Spinnweben wie verlorene Haare alter Frauen in den Sträuchern und Büschen hängen, dann ist der Altweibersommer da.
Tage der „alten Weiber“
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Wohlig warme Herbstsonne, klare Fernsicht, feine Spinnweben an Sträuchern und Gräsern. Das sind Merkmale des Altweibersommers, der letzten Schönwetterphase des Jahres.
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Nun gilt es die Natur noch einmal so richtig zu genießen. Denn nach dem Kälte-Schock und den katastrophalen Überschwemmungen der vergangenen Tage dürfen wir uns über eine der schönsten und beständigsten Wetterlagen freuen – den sogenannten „Altweibersommer“.

Die Farbenpracht, das herrliche Licht und die angenehme Herbstsonne mit wohligen Temperaturen von mehr als 20 Grad Celsius machen ihn für viele Menschen in unserem Land zur schönsten Zeit im Jahr.

Meteorologen bezeichnen den Altweibersommer als „Witterungsregelfall“, wie beispielsweise auch die „Hundstage“, die „Eisheiligen“ oder die „Schafskälte“. Es ist damit also eine Wetterlage gemeint, die zu bestimmten Zeitabschnitten im Jahr mit überdurchschnittlicher Wahrscheinlichkeit auftritt.

„Beim Altweibersommer entsteht meist von Ende September bis in die erste Novemberwoche hinein ein für mehrere Tage oder Wochen beständiges Hochdruckgebiet über Mitteleuropa, mit kühlen, klaren Nächten und warmen, fast windstillen Tagen“, erklärt der Meteorologe Thomas Wostal von „GeoSphere Austria“ (früher ZAMG) dieses Wetterphänomen, das in den Statistiken schon seit rund 200 Jahren nachweisbar ist.

Mit alten „Weibern“ hat der Altweibersommer also rein gar nichts zu tun. Tatsächlich ist der Begriff wohl schon seit 1800 verbreitet und hat vielmehr etwas mit Spinnen zu tun, denn er leitet sich von dem altdeutschen Wort für das Knüpfen von Spinnweben „weiben“ ab. Diese zierlichen Fäden sind im sonnigen Herbst auf Wiesen, an Waldrändern, in Sträuchern oder auch an Herbstblühern besonders gut zu erkennen, da sich durch den Wechsel von warmen Tagen und kalten Nächten Morgentau auf ihnen ablegt. Aber auch Spinnenfäden, die durch die Luft segeln, treten jetzt vermehrt auf.

Vom Winde verweht

„Sie stammen von den nur wenige Millimeter großen Baldachinspinnen, die sich oft viele hundert Kilometer weit vom Wind mitnehmen lassen, bis sie einen geeigneten Platz gefunden haben, um ihr Netz zu bauen“, weiß der deutsche Spinnenexperte Dr. Dieter Martin. Alte Mythen hielten diese Spinnfäden hingegen für Lebensfäden, die durch Schicksalsgöttinnen gesponnen wurden. Im Christentum entstandene Legenden berichten wiederum, dass die vom Tau glänzenden Silberfäden des Altweibersommers vom Mantel Marias stammen, den sie bei ihrer Himmelfahrt trug. Weshalb sie im Volksmund auch „ Marienfäden“, „Marienseide“ oder „Marienhaar “ genannt werden. Der heimische Volksglaube besagt zudem, dass, wenn sich diese Fäden in den Haaren eines jungen Mädchens verfangen, deren Hochzeit vor der Tür steht.

Von wegen frauenfeindlich

Der Altweibersommer erzeugt allerdings nicht bei jedem positive Gefühle. So klagte im Jahr 1989 eine 78jährige Frau vor dem Amtsgericht in Darmstadt (D), weil sie sich durch die Verwendung des Wortes vom deutschen Wetterdienst diskriminiert fühlte. Das zuständige Gericht war jedoch anderer Meinung und der „Altweibersommer“ durfte seinen Namen behalten – immerhin stammt der schon aus einer Zeit, in der die beleidigte Klägerin noch gar nicht geboren war.

Es lohnt sich jedenfalls allemal, diese Zeit des Jahres bewusst im Freien zu erleben. Schließlich kommt die Natur dabei so richtig in Bewegung. Die Blätter der Bäume beginnen sich zu verfärben, viele Früchte stehen kurz vor ihrer Reife, Eichhörnchen sammeln Wintervorräte und die Zugvögel bereiten sich auf ihre Reise in südlichere Gefilde vor. Es hängt somit auch ein Hauch von Melancholie und Abschied in der Luft. Denn auf den Altweibersommer folgt leider meist nasses, kaltes Herbst- und Winter-Wetter. Eine Bauernregel besagt denn auch: „Wenn viele Spinnen kriechen, sie schon den Winter riechen.“

Und natürlich haben auch andere Länder so eine Art „fünfte Jahreszeit“, die den Sommer noch einmal einkehren lässt. „In Nordamerika beispielsweise färben sich die Wälder in ikonische orange-rot-gelbe Töne. Dort heißt das Spektakel, das bei uns Altweibersommer genannt wird, dann ‚Indianischer Sommer‘“, erklärt Thomas Wostal. Hwie
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