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Ausgabe Nr. 39/2024 vom 24.09.2024, Foto: Andreas Tischler / picturedesk.com
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Jenny Jürgens, 57.
Jenny Jürgens: „Wir haben schwere Zeiten hinter uns“
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Am 30. September wäre Udo Jürgens 90 Jahre alt geworden. Seine Kinder Jenny, 57, und John, 60, veröffentlichen zu diesem Anlass dieser Tage ein neues Album. Überdies jährt sich am 10. Dezember
der Todestag des großen Entertainers auch zum zehnten Mal.
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Frau Jürgens, am 21. Dezember vor zehn Jahren ist Ihr Vater Udo im Alter von 80 Jahren verstorben. Wie haben Sie die Dekade seit seinem Tod erlebt?

Der Tod eines Elternteiles ist ein riesengroßer Einschnitt. Ich habe aber auch gemerkt, wie unglaublich schnell diese Zeit vergeht. Ich kann es gar nicht glauben, dass der Papa schon so lange tot ist – ebenso die Tatsache, dass ich zehn Jahre älter geworden bin. Ich sehe es auf Fotos und denke mir, ja klar, zehn Jahre. Die Zeit ist irgendwie verflogen.

Erinnern Sie sich noch an den Moment, als Sie von seinem Tod erfahren haben?

Ich war damals als Hauptdarstellerin mitten in den Dreharbeiten für die Telenovela „Rote Rosen.“ Am 20. Dezember bin ich nach Drehschluss ganz euphorisch nach Mallorca zu meinem Mann David geflogen. Am 21. Dezember, Papas Todestag, waren wir in einem chinesischen Basar, wo es alberne Tier-Mützen gab, die wir uns aufgesetzt haben. Danach waren wir mit Freunden im Hafen essen. Ich habe im Laufe des Tages einmal auf die Uhr geschaut und im Nachhinein festgestellt, dass es genau die Zeit war, als der Papa am Bodensee zusammengebrochen ist.

Ihr Vater war ein sozialkritischer Mensch und hat das auch in
seinen Liedern verarbeitet. Was hätte er über die vergangenen zehn Jahre gesagt?


Ich möchte jetzt kein bestimmtes Thema auftun, weil wir uns dann verzetteln. Aber ich glaube, mein Vater hätte viel Futter für neue Lieder gehabt und hätte das auch genutzt. Er hat den Finger immer vorsichtig in die Wunden gelegt, ohne Brechstange oder irgendwo draufzuhauen. Er hat das lieber mit einem Augenzwinkern gemacht und die Menschen damit fasziniert. Er hat auch immer gesagt, dass im Wort Unterhaltung das Wort Haltung steckt. In fast jedem seiner Texte gibt es eine Zeile, die eine besondere Tiefe hat.

Sie leben auf Mallorca, werden bis Dezember aber ganz im Sinne Ihres Vaters in Deutschland, der Schweiz und in unserem Land im Einsatz sein. Ihr Vater wäre am 30. September 90 Jahre alt geworden, weshalb Ihr Bruder John und Sie das Album „Udo 90“ kuratiert haben. Sie beide haben sich immer gut verstanden, hat Sie die gemein­same Arbeit noch mehr zusammengeschweißt?

Auf jeden Fall. Wir haben ständig Kontakt, vor allem auch mit seiner Frau Hayah, die unser Familienbüro leitet. Das alles ist eine Familienproduktion, bei der wir uns jetzt noch einmal auf eine ganz andere Art und Weise nahegekommen sind. Seit der Vater nicht mehr ist, ziehen wir am selben Strang, weil wir schwere Zeiten hinter uns haben.

Was meinen Sie damit konkret?

Die Jahre nach dem Tod des Vaters waren kompliziert, einerseits von Trauer getragen und andererseits von vielen äußeren Bombardements, die unglaublich kompliziert gewesen sind (Anm.: Streitigkeiten mit Jürgens‘ Manager Freddy Burger und Stiefschwester Gloria). Aber wir haben uns nicht entzweien lassen. Es gab kein Zerwürfnis innerhalb der engsten Familie.

Das Grab Ihres Vaters am Zentralfriedhof in Wien mit dem großen weißen Flügel ist Anlaufstelle für viele seiner Anhänger. Wie oft besuchen Sie ihn dort?

Ich bin vier Mal im Jahr in Wien und habe auch eine Wohnung dort. Ich habe es mir zur Angewohnheit gemacht, ihn ein-, zweimal pro Jahr zu besuchen. Es ist eine weite Strecke und ich muss nicht auf einen Friedhof gehen, um mich meinem Vater nahe zu fühlen.

In welchen Momenten vermissen Sie Ihren Vater am meisten?

Mein Vater und ich hatten immer eine verbale Beziehung. Wir haben viele Abende verbracht und viel miteinander gesprochen. Papa war ein Nachtmensch. Wir gingen abends zum Essen und es wurde immer spät, wenn wir bei Rotwein oder Vodka Tonic über Gott und die Welt philosophiert haben. Unsere Gespräche fehlen mir. Ihn spontan anrufen zu können und zu sagen: „Mensch, Papa …“

Für das neue Album „Udo 90“, das am Freitag in den Handel kommt, haben Sie mit Ihrem Bruder 90 Titel seiner fast 550 weltweit veröffentlichten Singles ausgewählt. Was war die größte Überraschung beim Durchhören der Lieder?

Ein echter Schatz ist das Lied „Als ich fortging“ (Anm.: Das Lied wurde vorab veröffentlicht und entwickelte sich im Internet bereits zum Hit), das erst jetzt entdeckt wurde. Bis auf dieses Lied kannte ich aber alle 90 Titel, die auf dem Album sind. Meine Schwägerin Hayah, mein Bruder und ich sind in den vergangenen Jahren zu Udo Jürgens Profis geworden. Früher gab es auch Situationen, in denen wir genervt waren. Heute verstehen wir vieles besser. Erst jetzt ist uns bewusst, was der Mann alles geleistet hat in seinem Leben.

Wie hätte Udo Jürgens seinen 90er gefeiert?

Je älter er wurde, desto weniger war Papa ein Freund von Geburtstagen. Das Alter hat ihm zugesetzt und ihn gestresst, weil er wusste, dass die Zeit nach vorne so kurz wird. Wenn überhaupt, hätte er seinen Geburtstag im kleinsten Kreis gefeiert, mit Menschen, die ihm wichtig sind. Dazu gehören neben uns Kindern sein Freund und Orchester-Leiter Pepe Lienhard oder sein Chauffeur Billy Todzo, mit dem er innig verbunden war. Richtig gute Freunde gab es nur wenige.

Und was werden Sie an dem Tag machen?

Meine Schwester Sonja lebt in New York (USA), mein Bruder John in München (D). Dass wir an diesem Tag alle zusammensitzen und weinen, ist nicht realistisch. Es gibt andere Tage, an denen Traurigkeit, Abschieds-Gedanken und das Gefühl des Vermissens aufkommen. Sie richten sich nicht nach einem Datum, sondern kommen ungefragt irgendwann um die Ecke.

Zur Person:

Jenny Jürgens wurde am 22. Jänner 1967 in München (D) geboren. Sie wuchs, gemeinsam mit ihrem Bruder John, 60, bis zu ihrem zehnten Lebensjahr bei ihrem Vater in Kitzbühel (T) auf.

Später war Jenny Jürgens in zahlreichen deutschen Fernsehfilmen und Serien wie „Ein Schloss am Wörthersee“ oder „Schlosshotel Orth“ zu sehen.

Mit ihrem Vater Udo nahm sie zwei Duette, darunter 1984 als 18jährige „Liebe ohne Leiden“, auf. Jürgens ist kinderlos und seit 2016 mit dem Spanier David Carreras Solé verheiratet, mit dem sie auf Mallorca lebt. Seit 15 Jahren engagiert sie sich mit ihrem Hilfsprojekt „Herzwerk“ für Senioren, die unter der Armutsgrenze leben.
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