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Ausgabe Nr. 37/2024 vom 10.09.2024, Foto: Zeppelzauer
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Werner Kogler ist seit 2020 der Vizekanzler der türkis-grünen Regierung. In Umfragen liegen die Grünen bei acht Prozent.
„Die Zukunft ist der Elektro-Antrieb“
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Am 29. September wählen wir ein neues Parlament. Welche Parteien danach die Regierung bilden, ist noch völlig offen. In der WOCHE kommen die Spitzenkandidaten zu Wort.
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Herr Kogler, Wirtschaft und Industrie warnen davor, dass durch den Klimaplan der Standort belastet wird. Wird damit zu wenig auf die Unternehmen geachtet?
Die meisten Unternehmen sind weiter, als ihre Funktionäre in den verschiedenen Vertretungen behaupten. Während die ÖVP zum Beispiel den Verbrennermotor predigt, ist die Autoindustrie schon voll auf Elektro-
Mobilität. Moderner Klimaschutz bringt Chancen für die allermeisten Betriebe, deshalb werden sie auf dem Weg auch von uns unterstützt. Es gibt viele Förderungen in die Richtung und am Schluss steht, dass wir auf diese Art und Weise zukunftsfähigere Arbeitsplätze kriegen. In vielen Branchen schaut in der Zukunft auch mehr Geld heraus für die Jungen. Sie wollen ihr Geld mit Klimaschutz und nicht mit Naturzerstörung verdienen.

Viele Menschen haben trotzdem das Gefühl, dass sie etwas für den Klimaschutz opfern müssen, was auch immer …
Wenn jemand eine besondere Betroffenheit verspürt, will ich sie ihm nicht absprechen. Aber wenn wir ein Klimaticket haben, mit dem man um drei Euro am Tag durch ganz Österreich fahren kann, dann ist das sowohl ökologisch als auch sozial. Das ist keine Belastung, sondern eine Entlastung. Und auch beim Klimabonus bleibt denjenigen, die weniger verdienen, in der Regel netto mehr übrig.

Das Klimaticket haben jetzt etliche Menschen, dafür sind aber nun die Züge voll. Hätte man das nicht vorher überlegen müssen?
Engpässe hat es immer wieder einmal gegeben. Aber es wird auch da massiv investiert, sowohl in die Schiene als auch moderne Züge. Alle bescheinigen uns, dass wir da jetzt ganz knapp bei der Schweiz liegen und die sind Spitzenreiter. In der Europäischen Union wird in Österreich am meisten in die Schiene und auch die Waggons investiert.

Aber wenn man mit Menschen am Land redet, ist ihre größte Sorge immer, dass man ihnen das Auto wegnehmen will …
Das halte ich für einen kompletten Unsinn, das will keiner. Es geht darum, mehr Wahlfreiheit zu schaffen für den öffentlichen Verkehr, weil das Land bisher schlechter erschlossen ist. Überall wird es nicht gehen, wir können nicht überall einen Riesen-Autobus hinfahren lassen. Das Auto hat völlig seine Berechtigung, wir sind nur der Meinung, dass ab 2035 bis 2050 die Autos dann in erster Linie Elektro-Autos sein werden. Oder sie müssen zumindest abgasfrei funktionieren, etwa mit synthetischem Kraftstoff, wie es Karl Nehammer vorschlägt. Das ist aber fünf Mal so teuer wie der Elektro-Antrieb, der jetzt immer billiger wird. Die Zukunft auf Europas Straßen ist mit Sicherheit der Elektro-Antrieb, wir fahren ja heute auch nicht mehr mit den Pferdekutschen herum.

Was viele einwenden gegen das E-Auto, sind Kinderarbeit und Rohstoffe, die unter unmenschlichen Bedingungen abgebaut werden …
Ja, die Probleme haben wir ganz generell, dass es da oft nicht gerecht zugeht. Was glauben Sie, wieviel Stahl-Komponenten aus China verbaut werden, wo sie ihre Stahlwerke zum Teil immer noch mit Kohle betreiben? Bei Mobiltelefonen ist es genauso. Wir sollten mehr darauf schauen, dass wir dann auch fairere Handys betreiben. Weil jeder, der sich übers Elektro-Auto aufregt, kann sich zuerst über Millionen Smartphones aufregen. Da haben wir die gleichen Probleme. Deshalb ist es aus ökologischen Gründen, aber auch für die Menschenrechte und den Kinderschutz wichtig, dass möglichst viel recycelt wird, weil die Rohstoffe im Kreislauf bleiben. Dann müssen sie nicht mehr immer frisch abgebaut werden.

Hätten Sie sich als Student auch auf die Straßen geklebt?
Na ja, die Frage ist wofür.

Für den Klimaschutz?
Nein, das glaube ich nicht. Die Klimakleber haben Aufmerksamkeit für ein richtiges Anliegen erzeugt, aber es hätte ein Mal auch gereicht. Wenn man sich ein Mal vor einem Regierungsgebäude anklebt, das verstehe ich gerade noch oder auch vor einer Ölfirma oder vor irgendeiner Putin-Gas-Truppe. Das haben sie manchmal gemacht. Aber was man bitte nicht soll, und da bin ich einer Meinung mit Lena Schilling, man soll den Menschen, die in die Arbeit fahren, ich zitiere sie, „nicht am Arsch gehen“. Wir müssen für das Anliegen doch Mehrheiten gewinnen und nicht Mehrheiten nerven.

Wäre eine weitere Regierungszusammenarbeit mit der ÖVP möglich? Im Jahr 2019 haben Sie gesagt: „Aber für so etwas,
wie mit der türkisen Truppe, die da herumschwirrrt, eine echte Koalitionsverhandlung zu machen, dazu fehlt mir die Phantasie. Dazu müssten sie sich wesentlich mehr verändern als wir.“

So war es dann.

Sie glauben, die ÖVP hat sich verändert?
Sie hat sich jedenfalls gemessen an dem Programm, das sie mit den Blauen gehabt hat, verändert. Ich habe auch immer etwas dazugesagt: „Es ist aber nie zu spät zur Umkehr.“ Das wird es wieder brauchen, sonst gibt es nie mehr Koalitionen. Wir haben viele Dinge durchgesetzt, für die Bevölkerung, für den Naturschutz, für eine Wirtschaft, die auf die Natur Rücksicht nimmt und auch für die Rettung der unabhängigen Justiz. Die ÖVP hat zur Kenntnis nehmen müssen, dass es nicht mehr geht, dass man sich in die Justiz einmischt. Am Schluss hat es auch die ÖVP erwischt, aber es wird heute nichts mehr „daschlogen“.

Die ÖVP sagt, wenn es wieder eine Koalition mit den Grünen gäbe, dann nicht mit Leonore Gewessler. Was halten sie davon?
Gar nichts. Das ist die gleiche ÖVP, die damals mit einer Liste voller Unterschriften ihrer wichtigsten Leute beschworen hat, dass Sebastian Kurz Kanzler bleibt, sonst sind sie selber alle weg. Sebastian Kurz war am nächsten Tag weg, aber die anderen waren da. Das wirkliche Problem ist, dass ihnen nicht zu trauen ist, dass sie nicht mit Kickl eine Koalition machen, wenn ich mir Niederösterreich, Oberösterreich und Salzburg anschaue. Da gibt‘s übrigens auch in der SPÖ keine Garantie.
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