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Ausgabe Nr. 34/2024 vom 20.08.2024, Foto: Zeppelzauer
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SPÖ-Vorsitzender Andi Babler, 51
SPÖ-Vorsitzender Andi Babler, 51: „Ich spende mein Bundesrats-Gehalt“
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Am 29. September wählen wir ein neues Parlament. Welche Parteien danach die Regierung bilden, ist noch völlig offen. In der WOCHE kommen die Spitzenkandidaten zu Wort.
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Herr Babler, die Olympischen Spiele in Paris sind nach Bahn-Attacken am Anfang ohne Zwischenfälle zu Ende gegangen. In Wien wurden drei Taylor-Swift-Konzerte nach den mutmaßlichen islamistischen Terrorplänen abgesagt. Ist die französische Polizei besser als unsere?

Politik hat die Verantwortung, für maximale Sicherheit zu sorgen. Wir fordern eine Bündelung der Kräfte in einem Extremismus- und Terrorismus-Abwehrzentrum. Ich habe nicht vergessen, welches Armutszeugnis uns nach dem Terroranschlag im November 2020 ausländische Geheimdienste, Expertinnen und Experten ausgestellt haben. Dass man den damaligen Anschlag nicht verhindern konnte, obwohl wir informiert waren, ist unglaublich. Niemand hat politische Verantwortung übernommen.

In Wien haben sich zuletzt Syrer und Tschetschenen bekriegt, es gab Messerstechereien. Ist die Integration bei uns gescheitert oder scheitert sie zu oft?

ÖVP und FPÖ sind gescheitert. Das ist das Resultat von 24 Jahren durchgehender politischer Verantwortung der beiden Parteien im Innenministerium. Diese Auswüchse, was Straßenkriminalität und Parallelgruppierungen anbelangt, sind das Ergebnis.

Die SPÖ hat in den vergangenen 24 Jahren mehrfach den Kanzler gestellt …

Wer ist zuständig für die Polizei, für die Ressourcen? Das Innenministerium. Ich kenne das, ich habe etliche Innenminister kommen und gehen gesehen in meiner Bürgermeisterfunktion. Sie sind alle schon an kleineren Fragen gescheitert.

Was wäre für Sie das Wichtigste im Bereich Integration?

Wenn Menschen rechtmäßig da sind, müssen wir Möglichkeiten schaffen, damit sie schnell Deutsch lernen müssen und relativ schnell auch produktiv tätig sind. Dann arbeiten sie und zahlen Steuern, das ist volkwirtschaftlich gescheit. Das wollen wir mit unserem Integrationsjahr erreichen.

Der Fall der neunköpfigen syrischen Familie, die 4.600 Euro Mindestsicherung und Mietbeihilfe im Monat bekommt, regt auf. Mit einem Arbeitseinkommen müsste man ungefähr 7.000 Euro brutto verdienen, damit man sich eine solche Großfamilie leisten kann. Ist das gerecht?

Sicher ist das eine schwierige Sache. Deswegen bin ich froh, dass man in der Debatte jetzt endlich den SPÖ-Vorschlägen folgt mit einer bundeseinheitlichen Regelung für erwerbsfähige Sozialhilfebezieher über das Arbeitsmarktservice (AMS) und einer eigenen Grundsicherung für Kinder.

Sie schlagen eine Grundsicherung von 367 Euro pro Kind vor, egal was die Eltern verdienen …

Das ist der Grundbeitrag und er fasst bestehende Leistungen wie die Familienbeihilfe oder den Familienbonus mit ein. Das sind zirka zehn Euro pro Tag und Kind. Jetzt bekommen Menschen, die gut verdienen, mehr, wenn alles miteinberechnet wird. Mit der Grundsicherung spart sich der Staat viel Bürokratie und es nützt jedem Kind, das ist der Unterschied.

Dazu kämen noch einkommensabhängig bis zu 312 Euro pro Monat. Das sind 679 Euro im Monat.

Das betrifft nicht die Masse. Umso mehr wir in Sachleistungen wie gratis Mittagessen investieren, umso weniger wird es Geldleistungen brauchen.

Das sind bei sieben Kindern 4.753 Euro, wenn die Eltern zum Beispiel nicht arbeiten …

Ziel ist es ja, dass die Eltern einer Beschäftigung nachgehen. Die gesundheitlichen und gesellschaftlichen Folgen von Kinderarmut quer über das ganze Land kosten die Republik jedes Jahr 17 Milliarden Euro. Unser Modell wäre volkswirtschaftlich gesehen das billigere Modell. Ich rechne ja, welchen Nutzen eine Kindergrundsicherung für Österreich bringt.
Jedes einzelne Kind, das ich strukturell aus der Armut bringe, zahlt sich aus. Wir reden über 350.000 Kinder, die armutsgefährdet sind oder in Armut leben, die profitieren von so einem Modell. Wir wollen Kindern die Chance geben, dass sie einmal rauskommen aus der Armut, dass sie erwerbstätig werden, dass sie gut qualifiziert sind. Dazu brauchen sie eine Lebensgrundlage.

Sie wollen das Recht auf ein analoges Leben gesetzlich regeln. Wie soll das konkret gehen?

Mit einer Verpflichtung, dass Banken beispielsweise keine Gebühren verlangen dürfen, wenn man an den Schalter geht. Dass die Menschen das Recht haben, schriftliche Rechnungen zu bekommen und sich nicht 17 Mal irgendwo einloggen oder die richtige „App“ herunterladen müssen. Das ist ein Schutz vor Diskriminierung, vor allem für die ältere Generation. Es muss einen Rechtsanspruch geben auf persönliche Gespräche und vor allem keine Gebühren-Abzocke.

Sie wollen eine „Reichensteuer“. In Norwegen sind 2022 nach der Erhöhung der Vermögenssteuer mehr als 30 Milliardäre und Multimillionäre aus dem Land „geflohen“. Wie wollen Sie so etwas verhindern?

Wir sind im untersten Drittel bei vermögensbezogenen Steuern, wo sollen die Menschen hin flüchten? Die Sozialdemokratie ist die Kraft, die den Unternehmen Sicherheit geben wird. Wenn ich mich mit Geschäftsführern und Unternehmenschefs austausche, höre ich, dass sie ganz andere Sorgen haben. Sie hatten beispielsweise keine Gaspreis- und Energiepreis-Kalkulierungsmöglichkeit, weil es bei uns keine Gaspreisbremsen gab. Unser Modell der Millionärssteuer trifft den Mittelstand aufgrund der hohen Freibeträge nicht.

Sie sind SPÖ-Chef, Traiskirchener Bürgermeister und Bundesrat. Wie viel verdienen Sie im Monat?

Ich behalte nur das Bürgermeistergehalt. Das sind rund 4.400 Euro netto, nach allen Abzügen. Als SPÖ-Chef bekomme ich kein zusätzliches Gehalt. Meine Bundesratsbezüge spende ich, das habe ich schon bei meiner Kampagne für den Bundesrat angekündigt.

Das sind rund 5.000 Euro brutto im Monat …

Ja, netto sind es 2.900 Euro, wenn man alle Abgaben abzieht. Der Großteil geht an die Volkshilfe für armutsbetroffene Kinder. Das sind 2.000 Euro fix pro Monat, der Rest geht in kleinere Projekte.
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