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Ausgabe Nr. 37/2023 vom 12.09.2023, Fotos: Roland Holitzky
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Die Spezialanfertigung eines Alphorns mit
zwei Mundstücken verblüffte sogar einen Wissenschaftler.
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Der Alphornbauer in seiner Werkstatt.
In 40 Arbeitsstunden entsteht
aus einem Holzblock das Instrument.
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Nicht nur am Katschberg
erklingen Peitlers Alphörner.
Span um Span zum guten Klang
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Wer mit den Instrumenten, die Alfred Peitler baut, daheim üben möchte, muss eine große Wohnung haben. Fast vier Meter lang sind die Alphörner, die der 67jährige in seiner „Schnitzstub‘n“ in Rennweg (K) aus Fichtenholz und in Handarbeit fertigt.
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Mit Holzfiguren, Krippen, Marterln, Sitzbänken und Spielzeug wagte Alfred Peitler vor 30 Jahren den Sprung in die Selbstständigkeit und machte seine Leidenschaft
fürs Holzschnitzen zum Beruf. Die fertigt der mittlerweile 67 Jahre alte Kärntner in seiner „Schnitzstub‘n“ in Rennweg am Fuß des Katschberges (K) noch immer.

Seine zweite Leidenschaft, das Musizieren, verband sich vor etwa 20 Jahren mit dem Schnitzen. „Unser Musikfreund Hans Neubacher war nicht nur ein ausgezeichneter Musiker, er hat auch Alphörner gebaut. Als er seinen 70. Geburtstag feierte, sagte er zu mir: ‚Des mochst jetzt du weiter‘“, erinnert sich Peitler. Und wurde damit zu einem der ganz wenigen Instrumentenbauer im Alpenraum, die diese beeindruckenden Naturinstrumente vollständig von Hand fertigen.

„Ich hatte einmal Besuch von einem Unternehmer aus Südtirol, der auch Alphörner baut. Der hat zugeschaut, wie ich den Trichter schnitze. Nach einer Weile hat er gefragt, ob ich verrückt sei, weil ich mir diese Arbeit antue. Bei ihm läuft das vollautomatisch durch eine CNC-Fräse“, sagt der Kärntner, der auch beim Besuch des Streifzüglers an diesem Instrumententeil arbeitet. Den massiven Holzblock, der das Ausgangsmaterial bildet, musste er dazu erst in vier Teile schneiden, wovon er jeweils zwei wieder verleimt hat. „Damit das Holz bei der Bearbeitung nicht reißt“, erklärt Peitler den Arbeitsschritt.

„So sind es dann zwei verleimte Rohlinge, aus denen ich jeweils eine Trichterhälfte fertige“, sagt der Handwerker, während er mit einem Schnitzeisen Span um Span abnimmt und die konische Rundung formt. Mit zunehmender Schnitzdauer werden die Späne immer dünner, denn, auch wenn es anfangs nicht so aussieht, der Bau eines Alphornes ist Präzisionsarbeit.

„Die Wandstärke bei fertigen Instrumenten wird zwischen vier und sieben Millimeter betragen. Wäre das Holz dicker, würde es nicht ordentlich schwingen“, weiß Peitler. Und die Schwingung ist der Heilige Gral des Alphornes.

Um sie möglichst präzise vom Mundstück zum Trichter zu übertragen, verwendet der Instrumentenbauer ausschließlich Fichte. „Es ist das Klangholz, das auch im Geigen- und Harfenbau verwendet wird. Noch schöner klingt nur die Haselfichte. Bei ihr sind die Jahresringe verzahnt. Dadurch überträgt sich die Schwingung besser. Leider kommt die Haselfichte in der Natur nicht oft vor, denn sie ist eine spezielle Wuchsform der normalen Fichte. Es ist nicht zweifelsfrei geklärt, wie das passieren kann. Angenommen wird eine genetische Veränderung“, erklärt der Experte.

Ähnlich dem Unterteil mit dem Trichter, verfährt Peitler auch mit dem oberen Teil des Alphornes. Dessen zwei Hälften werden innen auch konisch ausgehöhlt und anschließend

miteinander verleimt. Was mit zunehmendem Anstieg in Richtung Mundstück eine immer filigranere Arbeit wird, denn während der Durchmesser des Trichters etwa zehn Zentimeter beträgt, sind es ganz oben nur noch etwa eineinhalb Zentimeter. Aber warum ist ein Alphorn überhaupt zweigeteilt? „Weil‘s sonst schwer zu transportieren ist“, sagt der Kärntner mit einem Lachen.

„Ein F-gestimmtes Instrument ist immerhin 3,70 Meter lang. Für den Klang wäre es idealer, wenn es aus einem Stück gefertigt wäre.“ Um den möglichst unverfälscht zu übertragen, verwendet er für seine zweiteiligen Alphörner Metallverschraubungen. Auch für das Mundstück hat er eine eigene Entwicklung.

„Das klassische Schweizer Alphorn besteht aus drei Teilen und verfügt über zwei Steckverbindungen, über die das Instrument auch gestimmt wird. Mir war diese Herumdreherei zu umständlich. Deshalb können meine Alphörner wie Trompeten am Mundstück gestimmt werden. Ich habe eineinhalb Jahre getüftelt, bis das System gepasst hat“, sagt Peitler, der 40 Arbeitsstunden benötigt, um aus einem Stück Fichtenholz ein wohlklingendes Alphorn zu schnitzen und zu schleifen.

Dass nicht nur Musikgruppen aus unserem Land die € 1.500,– teuren Instrumente bei ihm bestellen (Wartezeit etwa sechs Monate), sondern auch Deutsche und Schweizer ins Kärntner Alphorn blasen, bestätigt die Qualität seiner Arbeit.

Nicht verkäuflich ist ein Alphorn, das er aus reiner Lust an der Sache gebaut hat und oben aus zwei Rohren besteht, die in einem zusammen-
laufen. „Für zwei Mundstücke, damit zwei Bläser auf einem Instrument spielen können.

Es klingt zwar nicht ganz so schön, aber es funktioniert. Was auch einen Physiker verblüfft hat. Der meinte nach der Darbietung:

‚Als Physiker weiß ich, dass eine Tonsäule so nicht harmonisch zum Schwingen gebracht werden kann. Meine Ohren stellen aber fest, dass es doch geht.‘

Es hat mich gefreut, dass ich die Physik überlisten konnte“, sagt der sympathische Kärntner.
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