Mit der Hand schreiben bringt's
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Ab heuer ist die verschnörkelte Schulschrift aus dem Jahr 1969 Geschichte. Aber egal, welche Schrift unterrichtet wird, unsere Kinder schreiben immer schlechter. Das hat fatale Folgen.
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Die Hand ist verkrampft, der Rücken schmerzt, das Schreiben ist eine Qual. Drei von fünf Schülern in der Mittelschule und darüber hinaus fällt es schwer, längere Zeit beschwerdefrei zu schreiben.
„Die Handschrift von Kindern wird immer schlechter, die Probleme beim Schreiben werden immer größer“, sagt Marianela Diaz Meyer. Sie ist die Geschäftsführerin des deutschen Schreibmotorik-Institutes. Die Forschungseinrichtung arbeitet eng mit Lehrern zusammen. „Die Schrift wird immer unleserlicher, viele Kinder sind zu langsam und verlieren so den Anschluss an den Unterricht. Die Corona-Pandemie hat das noch beschleunigt.“
Einer der Hauptgründe dafür sei die fehlende Bewegung in der Freizeit. „Das Körpergefühl, das wir brauchen, um mit der Hand zu schreiben, lernen wir, indem wir unseren ganzen Körper bewegen.“
Das bestätigt auch Paul Kimberger, der oberste Pflichtschulgewerkschafter in unserem Land.
„Unsere Kinder sind merkbar motorisch immer schlechter entwickelt.“ Dazu kommen Smartphones und Computer, die das Leben der Kinder oft beherrschen. Eine Studie des Schreibmotorik-Institutes im Vorjahr hat gezeigt, dass viele Pädagogen das für die
Zunahme der Probleme bei der Handschrift verantwortlich machen. „Weit mehr als die Hälfte der Lehrkräfte hält den Medienkonsum der Schüler für überdimensioniert, in der Volksschule sind es sogar zwei Drittel“, weiß Marianela Diaz Meyer.
Ist die Handschrift also in Gefahr? „Hoffentlich nicht, aber die digitale Entwicklung in unserer Gesellschaft lässt das befürchten“, sagt Paul Kimberger, der früher als Hauptschullehrer Mathematik, Informatik und Sport unterrichtete.
Die Expertin Diaz Meyer ist optimistischer. „Wer in Technologieunternehmen schaut, wird neben vielen Computern auch viele Zettel mit handschriftlichen Notizen finden. Handschreiben steigert unsere Konzentration, unsere Kreativität – auch im Kleinen. Beim Schreiben von Einkaufs- oder Schummelzetteln merken wir uns den Inhalt einfacher.“
Deshalb werde es „auch in Zukunft nicht ohne Handschrift gehen“. Zumal sie alle jene Fähigkeiten unterstütze, die notwendig sind, „um mit der Entwicklung der Arbeitswelt und Gesellschaft Schritt zu halten“ wie analytisches Denken, Kreativität oder Flexibilität.
Wie mit der Hand geschrieben wird, ist unterschiedlich. In Finnland sind seit 2016 nur noch die Druckbuchstaben verpflichtend im Lehrplan enthalten, ebenso wie das Tippen auf der Computertastatur. Den Schulen bleibt es selbst überlassen, ob sie auch die gebundene Schreibschrift unterrichten. Für den Lehrer-Gewerkschafter Kimberger ist das „keinesfalls vorstellbar. Ich halte das mit Blick auf die bestmögliche Entwicklung unserer Kinder für eine ganz schlechte Maßnahme.“
Davon ist bei uns noch keine Rede. Auch wenn mit dem jetzigen Schuljahr die Schulschrift-Variante aus dem Jahr 1969 endgültig aus den Klassenzimmern verschwindet, nach der Generationen schreiben gelernt haben. Bisher durfte sie wahlweise neben der moderneren Schrift von 1995 noch unterrichtet werden. Das ist ab jetzt Geschichte.
Zehn Jahre lang beschäftigte sich ab der Mitte der 80er Jahre eine Arbeitsgruppe mit der Neufassung der Schulschrift. Es gab wissenschaftliche Begleituntersuchungen. Das Fazit war, die neue Schulschrift „ist leichter lern- und lehrbar“.
Eine absolute Vorgabe war und ist weder die eine noch die andere Schreibschrift, auch wenn das strenge Lehrer manchmal anders gesehen haben. Es handelt sich lediglich um „Richtalphabete“ für die Taferlklassler. Sie sollten am Ende der zweiten Klasse Volksschule in „angenäherter Form“ schreiben können.
In Wien wurde Anfang des Jahres zudem die Schulschrift „Prima“ vorgestellt. Sie ist eine digitale Variante der Schulschrift aus dem Jahr 1995. Damit soll beispielsweise das Erstellen von Arbeitsblättern erleichtert werden.
Dass nach der Volksschule viele Schüler nicht oder nicht mehr einigermaßen leserlich und flüssig schreiben, ist für ihren späteren Lebensweg fatal. Sie können oft dem Unterricht nicht mehr folgen und fallen zurück. „Handschreiben hat einen großen Einfluss auf den Lernprozess in Gänze und damit auf die gesamte Bildungsbiografie“, warnte im Vorjahr etwa Udo Beckmann, der Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung in Deutschland.
An der Handschrift sind 17 Gelenke und mehr als 30 Muskeln beteiligt, sie aktiviert zwölf verschiedene Gehirnareale. „Neurowissenschaftler haben bei ,Scans‘ entdeckt, dass es beim Tippen viel weniger Gehirnaktivität gibt als beim Schreiben mit der Hand“, schwärmt die Expertin Diaz Meyer.
Auch der Chef der hiesigen Pflichtschullehrer-Gewerkschafter ist ein überzeugter Befürworter der Handschrift. „Durch die feinmotorische Bewegung der Hand wird die Form der Buchstaben im Gehirn aufgenommen. Das bedeutet, dass neben dem visuellen Bereich auch das motorische Areal im Gehirn aktiviert wird. Die Vernetzung dieser beiden Bereiche im Gehirn ist der Grund, warum Lernstoff besser im Gedächtnis bleibt, wenn er mit der Hand geschrieben wird.“
Um das früher unterrichtete „Schönschreiben“ geht es längst nicht mehr, „sondern um eine leserliche und flüssige Handschrift. Eine, die leicht von der Hand geht, da-
mit keine Verkrampfung stattfindet. Die Kinder müssen nicht genau in der Lineatur bleiben oder die Bögen und Striche eines Buchstabens genau hinbekommen“, sagt Diaz Meyer.
Bewusstes Schönschreiben macht uns oft langsam, die Schrift stockt. Zudem haben wir nur eine bestimmte Gehirn-Kapazität.
Wenn wir uns zu sehr darauf konzentrieren, genau auf der Zeile zu bleiben oder den Buchstaben perfekt auszuführen, „können wir unser Gehirn nicht noch für etwas anderes nutzen, wie etwa die Rechtschreibung oder den Gedanken, den wir zu Papier bringen wollen.“
„Die Handschrift von Kindern wird immer schlechter, die Probleme beim Schreiben werden immer größer“, sagt Marianela Diaz Meyer. Sie ist die Geschäftsführerin des deutschen Schreibmotorik-Institutes. Die Forschungseinrichtung arbeitet eng mit Lehrern zusammen. „Die Schrift wird immer unleserlicher, viele Kinder sind zu langsam und verlieren so den Anschluss an den Unterricht. Die Corona-Pandemie hat das noch beschleunigt.“
Einer der Hauptgründe dafür sei die fehlende Bewegung in der Freizeit. „Das Körpergefühl, das wir brauchen, um mit der Hand zu schreiben, lernen wir, indem wir unseren ganzen Körper bewegen.“
Das bestätigt auch Paul Kimberger, der oberste Pflichtschulgewerkschafter in unserem Land.
„Unsere Kinder sind merkbar motorisch immer schlechter entwickelt.“ Dazu kommen Smartphones und Computer, die das Leben der Kinder oft beherrschen. Eine Studie des Schreibmotorik-Institutes im Vorjahr hat gezeigt, dass viele Pädagogen das für die
Zunahme der Probleme bei der Handschrift verantwortlich machen. „Weit mehr als die Hälfte der Lehrkräfte hält den Medienkonsum der Schüler für überdimensioniert, in der Volksschule sind es sogar zwei Drittel“, weiß Marianela Diaz Meyer.
Ist die Handschrift also in Gefahr? „Hoffentlich nicht, aber die digitale Entwicklung in unserer Gesellschaft lässt das befürchten“, sagt Paul Kimberger, der früher als Hauptschullehrer Mathematik, Informatik und Sport unterrichtete.
Die Expertin Diaz Meyer ist optimistischer. „Wer in Technologieunternehmen schaut, wird neben vielen Computern auch viele Zettel mit handschriftlichen Notizen finden. Handschreiben steigert unsere Konzentration, unsere Kreativität – auch im Kleinen. Beim Schreiben von Einkaufs- oder Schummelzetteln merken wir uns den Inhalt einfacher.“
Deshalb werde es „auch in Zukunft nicht ohne Handschrift gehen“. Zumal sie alle jene Fähigkeiten unterstütze, die notwendig sind, „um mit der Entwicklung der Arbeitswelt und Gesellschaft Schritt zu halten“ wie analytisches Denken, Kreativität oder Flexibilität.
Wie mit der Hand geschrieben wird, ist unterschiedlich. In Finnland sind seit 2016 nur noch die Druckbuchstaben verpflichtend im Lehrplan enthalten, ebenso wie das Tippen auf der Computertastatur. Den Schulen bleibt es selbst überlassen, ob sie auch die gebundene Schreibschrift unterrichten. Für den Lehrer-Gewerkschafter Kimberger ist das „keinesfalls vorstellbar. Ich halte das mit Blick auf die bestmögliche Entwicklung unserer Kinder für eine ganz schlechte Maßnahme.“
Davon ist bei uns noch keine Rede. Auch wenn mit dem jetzigen Schuljahr die Schulschrift-Variante aus dem Jahr 1969 endgültig aus den Klassenzimmern verschwindet, nach der Generationen schreiben gelernt haben. Bisher durfte sie wahlweise neben der moderneren Schrift von 1995 noch unterrichtet werden. Das ist ab jetzt Geschichte.
Zehn Jahre lang beschäftigte sich ab der Mitte der 80er Jahre eine Arbeitsgruppe mit der Neufassung der Schulschrift. Es gab wissenschaftliche Begleituntersuchungen. Das Fazit war, die neue Schulschrift „ist leichter lern- und lehrbar“.
Eine absolute Vorgabe war und ist weder die eine noch die andere Schreibschrift, auch wenn das strenge Lehrer manchmal anders gesehen haben. Es handelt sich lediglich um „Richtalphabete“ für die Taferlklassler. Sie sollten am Ende der zweiten Klasse Volksschule in „angenäherter Form“ schreiben können.
In Wien wurde Anfang des Jahres zudem die Schulschrift „Prima“ vorgestellt. Sie ist eine digitale Variante der Schulschrift aus dem Jahr 1995. Damit soll beispielsweise das Erstellen von Arbeitsblättern erleichtert werden.
Dass nach der Volksschule viele Schüler nicht oder nicht mehr einigermaßen leserlich und flüssig schreiben, ist für ihren späteren Lebensweg fatal. Sie können oft dem Unterricht nicht mehr folgen und fallen zurück. „Handschreiben hat einen großen Einfluss auf den Lernprozess in Gänze und damit auf die gesamte Bildungsbiografie“, warnte im Vorjahr etwa Udo Beckmann, der Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung in Deutschland.
An der Handschrift sind 17 Gelenke und mehr als 30 Muskeln beteiligt, sie aktiviert zwölf verschiedene Gehirnareale. „Neurowissenschaftler haben bei ,Scans‘ entdeckt, dass es beim Tippen viel weniger Gehirnaktivität gibt als beim Schreiben mit der Hand“, schwärmt die Expertin Diaz Meyer.
Auch der Chef der hiesigen Pflichtschullehrer-Gewerkschafter ist ein überzeugter Befürworter der Handschrift. „Durch die feinmotorische Bewegung der Hand wird die Form der Buchstaben im Gehirn aufgenommen. Das bedeutet, dass neben dem visuellen Bereich auch das motorische Areal im Gehirn aktiviert wird. Die Vernetzung dieser beiden Bereiche im Gehirn ist der Grund, warum Lernstoff besser im Gedächtnis bleibt, wenn er mit der Hand geschrieben wird.“
Um das früher unterrichtete „Schönschreiben“ geht es längst nicht mehr, „sondern um eine leserliche und flüssige Handschrift. Eine, die leicht von der Hand geht, da-
mit keine Verkrampfung stattfindet. Die Kinder müssen nicht genau in der Lineatur bleiben oder die Bögen und Striche eines Buchstabens genau hinbekommen“, sagt Diaz Meyer.
Bewusstes Schönschreiben macht uns oft langsam, die Schrift stockt. Zudem haben wir nur eine bestimmte Gehirn-Kapazität.
Wenn wir uns zu sehr darauf konzentrieren, genau auf der Zeile zu bleiben oder den Buchstaben perfekt auszuführen, „können wir unser Gehirn nicht noch für etwas anderes nutzen, wie etwa die Rechtschreibung oder den Gedanken, den wir zu Papier bringen wollen.“
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