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Ausgabe Nr. 21/2023 vom 23.05.2023, Fotos: BARBARA GINDL / APA / picturedesk.com, Credit: eFesenko / Alamy Stock Photo, viennaslide / picturedesk.com, mauritius images / AsiaDreamPhoto / Alamy, PantherMedia / David Rius Serra, Utrecht, Robin / Action Press / picturedesk.com
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Hallstatt
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Amalfiküste
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Venedig
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Bali
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Santorin
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Amsterdam
Zu viel, zu laut, zu eng
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Immer mehr Ferienparadiese wehren sich gegen den Massenansturm. Mit Touristensteuern, Fahrverboten, aber auch mit unkonventionellen Mitteln gehen sie gegen die Überfüllung vor.
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Die Bretter, die die berühmte Aussicht auf Hallstatt probeweise verstellt haben, sind wieder weg. Das Problem bleibt. Die 725-Seelen-Gemeinde Hallstatt (OÖ) wird von Touristen überrannt. Vor der Pandemie waren es eine Million Besucher jährlich, das wird bald wieder erreicht.

„Es wird ein heftiges Jahr“, befürchtet der Hallstätter Bürgermeister Alexander Scheutz angesichts der Touristenzahlen in den ersten Monaten. Zwar bleiben Chinesen noch weitgehend aus, im Vorjahr haben das aber Besucher aus Indien und dem arabischen Raum wettgemacht.

Besonders beliebt ist der Postkarten- oder Instagram-Blick auf den malerischen Ort am See-Ufer mit Kirchturm und Berg-Kulisse.

Hallstätter wollen sich die Aussicht nicht nehmen lassen

Zum Leidwesen der Anrainer, die „bei diesem bekannten Fotopunkt wohnen“, sagt der SPÖ-Ortschef. Die zuletzt probeweise aufgestellte Bretter-Wand hat allerdings für Aufregung gesorgt. Sie sollte lärmende Foto-Gruppen abschrecken. Aber die meisten Hallstätter waren dagegen.

Stattdessen könnte dort ein Transparent ohne Sichteinschränkung hängen, „mit der Aufschrift: Achtung Wohngebiet, bitte genießen Sie die schöne Aussicht in Ruhe“, überlegt der Hallstätter Bürgermeister. „Damit die Menschen ein bisschen ein Gespür bekommen.“

Es sind vor allem Tagestouristen, die den Ort bevölkern. Für Reisebusse gibt es ein „Termin-System“. Pro Tag dürfen höchstens 54 in den Ort, der Aufenthalt ist mit 2,5 Stunden begrenzt. „Das läuft seit dem vorigen Jahr sehr gut. Die Busse müssen sich anmelden, sonst dürfen sie nicht kommen.“

Besucher, die mit dem eigenen Auto anreisen, brauchen keinen Termin, dafür je nach Saison gute Nerven. Für sie gibt es rund 450 Gebühren-Stellplätze. „Wenn die voll sind, ist der Ort voll“, erklärt Alexander Scheutz. „Mehr geht nicht, es kommen ja noch Gäste mit dem Zug oder mit dem öffentlichen Bus. Doch sie glauben, sie finden noch irgendwo einen Parkplatz und wollen nicht weiterfahren. Entlang der Landesstraße ist die Verkehrsbelastung groß.“

Weniger Tagestouristen, dafür mehr Besucher, die länger bleiben, das wünscht sich nicht nur der Ortschef. Derzeit hat Hallstatt rund 700 Gästebetten, zuletzt verzeichnete die Gemeinde gut 120.000 Nächtigungen. Jetzt ist ein Hotelprojekt mit 200 zusätzlichen Betten geplant. „Wenn wir das hätten, wäre der Ort versorgt, was die Übernachtungsgäste und die Wertschöpfung betrifft.“

Das Phänomen des „Overtourism“ (Übertourismus) ist nicht neu. Der Besucheransturm ist für viele Ferienparadiese Segen und Fluch zugleich.

In Italien greifen manche Regionen deshalb zu unkonventionellen Maßnahmen. Auf der schmalen und kurvenreichen Straße entlang der Amalfiküste gilt in der Hochsaison tagsüber ein teilweises Fahrverbot. „An geraden Tagen dürfen Autos mit geraden Endziffern beim Kfz-Kennzeichen nicht fahren“, heißt es beim ÖAMTC. An ungeraden Tagen sind die „ungeraden“ Autos verboten. Bei Verstößen drohen mindestens hundert Euro Strafe.

In Portofino wird das Flanieren im Ort nur im Badeanzug oder in der Badehose verboten. Das Fischerdorf sei „ein Juwel“, die Besucher müssten „sich entsprechend verhalten“, erklärt der Bürgermeister. In der roten Zone zwischen Stadtkern und Stränden ist es Touristengruppen jetzt auch verboten stehenzubleiben, aus „Sicherheitsgründen“.

So weit ist es in Venedig noch nicht. Obwohl „Knipser“ immer wieder für Staus sorgen. Tagesausflügler sollen es künftig aber schwerer haben, die Lagunenstadt zu besichtigen.

Online-Reservierungssystemin Venedig ab dem Sommer

Die Stadtverwaltung will nicht nur ein Eintrittsgeld von bis zu zehn Euro einführen, sondern auch eine Online-Reservierungspflicht. Ab 100.000 Tagesgästen ist die Lagunenstadt dann „gesperrt“. Ursprünglich hätte das System im Jänner beginnen sollen, nun wurde es ohne genauen Termin auf den Sommer verschoben.

Vor zwei Jahren hat die italienische Regierung schon große Kreuzfahrtschiffe aus der Stadt verbannt. Sie dürfen nicht mehr vor dem Markusplatz auffahren.

Auch auf Bali wird die Einführung einer Touristensteuer diskutiert. Die Insel im Indischen Ozean, die zu Indonesien gehört, lockte vor der Pandemie jährlich mehr als sechs Millionen Touristen an. Manche benahmen sich daneben, posierten etwa für Fotos nackt an heiligen Stätten. Mit einer Touristensteuer von bis zu 140 Euro soll der Aufenthalt auf der Insel jetzt teurer werden. Denn „billige Reiseziele ziehen billige Touristen an, die in der Regel eine Menge Probleme verursachen“, wird ein Tourismus-Verantwortlicher auf Bali zitiert.

Ein ähnliches Problem hat Amsterdam. In der niederländischen Stadt weisen sogar Schilder darauf hin, dass das öffentliche Urinieren verboten ist. Jetzt soll die Kampagne „Bleib weg“ junge männliche Touristen abschrecken, die dort „die Sau rauslassen“. Begonnen hat sie in Großbritannien. „Besucher bleiben willkommen“, sagt der zuständige Vizebürgermeister Amsterdams Sofyan Mbarki. „Aber nicht, wenn sie sich danebenbenehmen.“

Die griechische Insel Santorin lebt weitgehend vom Tourismus. Für die besten Sonnenuntergangs-Fotos bevölkern Touristenmassen die Hänge mancher Ortschaften. Im Jahr 2019 wurde die Zahl der Kreuzfahrt-Passagiere, die gleichzeitig auf die Insel dürfen, auf 8.000 begrenzt. Zuvor waren es oft doppelt so viele. Für Besucher, die mehr als hundert Kilo wiegen, ist zudem das Reiten auf Eseln verboten. Sie werden oft als „Taxis“ verwendet, um etwa die vielen Stufen vom Hafen in das Zentrum der Hauptstadt zu überwinden. Tierschützer wollen aber weitere Einschränkungen für die überlasteten Langohren.
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