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Ausgabe Nr. 19/2023 vom 09.05.2023, Fotos: www.klapper.cz, Roman Vondrous / CTK / picturedesk.com, mauritius images / josef pliva / Alamy
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Am Wochenende sind in Prag jede Menge Boote auf der Moldau unterwegs.
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Prozession mit Statue des Heiligen Nepomuk.
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Gondolieri aus Venedig sind zwei Tage lang zu sehen.
Ein Hauch von Venedig in Prag
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Am 15. Mai feiern die Tschechen ihren berühmtesten Heiligen Johannes von Nepomuk. Das Johannisfest ist ein Spektakel, zu dem sogar Gondolieri aus Venedig (I) nach Prag reisen.
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Auf der Karlsbrücke in der tschechischen Hauptstadt Prag stehen 30 barocke Statuen. Die Älteste ist die des Heiligen Johannes von Nepomuk. Sie ist auch die einzige Figur, nach der die Besucher ihre Hand ausstrecken, um sie zu berühren.

Auf dem Sockel des Monuments sind zwei Reliefs angebracht. Das eine zeigt einen Ritter mit Hund, das andere die Hinrichtung des Heiligen. Da es Glück bringen soll, beide Bilder anzugreifen, sind Teile davon schon blank poliert.

Johannes von Nepomuk war Priester am Prager Dom und ist der bedeutendste Heilige Tschechiens. Er ist Schutzpatron der Schiffer, der Flößer und des Beichtgeheimnisses. Ihm zu Ehren wird am 15. Mai ein Fest auf dem Wasser abgehalten, das sogenannte Johannisfest „Navalis“. Dazu werden sogar Gondolieri aus Venedig (Italien) anreisen. „Johannes von Nepomuk ist einer der acht Schutzpatrone Venedigs. Wir freuen uns, dass an diesem Tag Gondeln auf der Moldau zu sehen sein werden. In See stechen auch Fischersegelboote von der kroatischen Insel Vis“, erzählt Vojtech Pokorný.

Der Prager ist Vorsitzender des Johannisvereins, der die Veranstaltung vor 15 Jahren offiziell wieder ins Leben rief. „Die erste Feier, die mit dem Heiligen in Verbindung gebracht wird, fand am 15. Mai 1715 statt. Das war der Tag des Beginns des Heiligsprechungsprozesses von Johannes von Nepomuk. Er wurde erst 14 Jahre später heiliggesprochen. Leider wurde das Fest zwischendurch für mehrere Jahrzehnte verboten und nur hinter Kirchenmauern abgehalten“, erzählt Pokorný.

Gemeinsam mit anderen Mitstreitern ließ er die Veranstaltung deshalb vor 15 Jahren wieder aufleben. Seitdem organisiert die Truppe jährlich das Fest, das mitten in der Stadt beginnt und bei der Karlsbrücke ihren Höhepunkt findet.

Einen kulinarischen Vorgeschmack gibt es bereits am Sonntag, dem 14. Mai. „Bei der barocken ,Herget Ziegelei‘ an der Karlsbrücke werden die venezianischen Gondeln feierlich zu Wasser gelassen. Die Venezianer singen dabei Lieder und es wird venezianisches Essen kostenlos serviert. Dazu zählen gebratene Sardellen mit Rosinen. Besucher haben zudem die Möglichkeit, auf historischen Schiffen die Moldau entlangzusegeln“, erzählt der Tscheche.

Am nächsten Tag, 15. Mai, beginnt am frühen Nachmittag das Johannisfest. „Wir treffen uns um 14.30 Uhr beim Hradschiner Platz direkt bei der Burg. Dort werden jene Pferde festlich geschmückt, die später bei der Prozession durch die Stadt dabei sein werden.“ Der Kardinal segnet die Pferde und deren Reiter ab 16.30 Uhr, ehe ab 17.30 Uhr im Veitsdom die Messe abgehalten wird.

In der Kathedrale sind auch die Überreste des Heiligen Johannes von Nepomuk bestattet. Der Dom ist Teil der riesigen Burganlage, die aus Palästen und Gärten besteht. Die gesamte Anlage kann besichtigt werden (Eintritt € 11,–).

Nach der Messe setzt sich ab 19 Uhr die Johannis-Prozession in Bewegung. „Vier Männer tragen eine Statue des Heiligen. Der Kardinal wird in einer Kutsche von vier Pferden gezogen. In der Mitte der Brücke hält das Gespann an.“

An dieser Stelle wurde der Heilige Nepomuk in die Moldau geworfen, wo er ertrank. Der Legende nach ist der Heilige beim damaligen König Wenzel IV. in Ungnade gefallen. Er wollte nicht verraten, was dessen Frau ihm im Beichtstuhl erzählt hat. Deswegen ließ ihn der König foltern, doch der Priester gab sein Geheimnis nicht preis.

Der Körper des bewusstlosen Nepomuk wurde mit Seilen zusammengeschnürt und 1393 von der Karlsbrücke geworfen, wo er im Fluss ertrank. Den Ort des Brückensturzes kennzeichnet ein Kreuz im Brückengeländer.

Soweit die Legende. Der Tod von der Brücke ist geschichtlich bestätigt, der Grund dafür war aber ein anderer. „König Wenzel IV. war ein Tyrann, der das Benediktinerkloster Kladrau nach dem Tod des Kladrauer Abtes für sich beanspruchen wollte. Die Mönche sowie Johannes von Nepomuk stimmten dagegen. Das besiegelte seinen Tod. Ertränken war im Mittelalter für Geistliche die übliche Todesstrafe“, erzählt der Historiker Vít Vlnas von der Prager Nationalgalerie.

Vom Ort des Todessturzes gibt der Kardinal um 19.45 Uhr den Startschuss für die Drachenboot-Regatta. Anschließend ist ein einstündiges klassisches Konzert zu hören. Das Orchester sitzt auf schwimmenden Pontons auf der Moldau und spielt barocke Musik. Die Aufführung ist von der Karlsbrücke und den beiden umliegenden Ufern gut zu sehen und zu hören. Zum Schluss erhellt ein Feuerwerk den Nachthimmel. widlak
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