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Ausgabe Nr. 10/2023 vom 07.03.2023, Fotos: Katharina Schiffl, Georg Wilke
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Heidi Porstner, Marlies Gruber.
Brauchen wir ein Werbeverbot für Süßigkeiten?
Es gibt so viele übergewichtige Kinder bei uns wie noch nie. Konsumentenschützer wollen deshalb Werbung für Ungesundes verbieten, die sich an Kinder richtet. So wie in Deutschland, wo Fernseh-Reklame für zu Süßes und Fettiges zwischen 6 und 23 Uhr verbannt werden soll.
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JA:
Heidi Porstner,
Konsumenten-Organisation „Foodwatch“
„Fast jedes dritte Kind in Österreich leidet an Übergewicht. Immer mehr Jugendliche leiden an schweren Folgeerkrankungen, die früher vor allem ältere Menschen betroffen haben: Diabetes Typ-2, Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Ernährungsgewohnheiten werden schon in der Kindheit geprägt. Auch die Werbung beeinflusst das Essverhalten. Leider sind die meisten Lebensmittel, die für Kinder attraktiv beworben werden, ungesund. Die Lebensmittelindustrie verdient gut an Süßigkeiten und Snacks. Kinder und Jugendliche sind einer ungeheuren Anzahl an Werbebotschaften ausgesetzt, immer mehr auch über das Internet. Wegen der möglichen negativen Auswirkungen auf ihre Gesundheit müssen Kinder und Jugendliche dringend vor solcher Werbung geschützt werden. Das kann nur mit wirksamen Werbebeschränkungen für ungesunde Snacks und Süßigkeiten erreicht werden. In Deutschland hat die Politik das Problem erkannt. Dort gibt es einen Vorschlag, wie Kinder vor ,Junkfood‘-Werbung geschützt werden können. Jetzt muss auch die Regierung in Österreich das Thema ernstnehmen. Kindergesundheit muss immer wichtiger sein als Profite der Lebensmittelindustrie.“

NEIN:
Marlies Gruber,
Verein „forum. ernährung heute “
„Übergewicht hat viele Ursachen: Zu viel essen ist eine. Zu wenig Bewegung und Schlaf, Stress, genetische Veranlagung, Bildung und das familiäre Umfeld sind weitere. Ob Werbeverbote die Entwicklung von kindlichem Übergewicht vermindern, darf dabei angezweifelt werden. Zum einen gibt es die Verbote in Großbritannien bereits seit 15 Jahren und die Evaluierung hat keine Veränderung der Übergewichtsrate gezeigt. Die direkt zu erwartende Kalorieneinsparung von Werberegulierungen liegt den britischen Daten zufolge nur bei zirka zwei Kalorien pro Tag und Kind – das entspricht nicht einmal einer Schokolinse. Zum anderen hat das Max-Rubner-Institut (MRI) umfassende Wirksamkeitsanalysen durchgeführt und festgestellt, dass weder belastbare Studien für einen Effekt auf die Gesamternährung noch hinsichtlich Übergewicht vorliegen. Ein komplexes Problem lässt sich eben nicht mit einfachen Lösungen bewältigen. Statt Symbolpolitik wäre es wirkungsvoller, endlich Maßnahmen zu setzen, deren Wirkungen belegt sind: Kinder und Eltern zu mehr Bewegung zu motivieren sowie ein grundlegendes Verständnis für eine genussvolle und gesunde Ernährungsweise zu vermitteln.“
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