Fasten – Der Weg hin zu einem gesünderen Lebensgefühl – Teil 2
Fasten im Wandel der Zeiten. Seit tausenden von Jahren wird aus den unterschiedlichsten Gründen gefastet. Die alten Griechen machten es für die Gesundheit, im Mittelalter prägten Fest- und Fastenzeiten den Jahresablauf und heute fasten wir, um uns danach ausgeglichen und glücklich zu fühlen.
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Für unsere steinzeitlichen Vorfahren war es völlig normal, immer wieder für gewisse Zeit zu hungern. War die Jagd erfolglos oder die gesammelten Vorräte aufgebraucht, musste durchgehalten werden, bis es wieder Essen gab. Das Leben der Jäger und Sammler war an periodisches Fasten angepasst.
„Fasten wird offensichtlich schon solange betrieben, wie es Menschen gibt. Schwieriger ist zu sagen, wie genau, weil uns die Menschen der Jungsteinzeit ihre Fastenpraxis natürlich nicht in hübschen Ratgebern hinterlassen haben“, erklärt Privatdozent Dr. Karl-Heinz Steinmetz, Gründer und Leiter des Institutes für Traditionelle Europäische Medizin InstiTEM in Wien.
Biblischer Dreiklang galt schon im Alten Ägypten
Fasten ist eine der ältesten Methoden, um Körper und Geist gesundzuhalten. Bereits im 3. Jahrtausend vor Christus war die Heilwirkung des Fastens bekannt. Antike asiatische Völker praktizierten es ebenso wie die alten Ägypter, für die auch eine religiöse Komponente mitspielte. „Ich glaube, dass diese Unterscheidung, wieso fasten wir, ob aus Gesundheitsgründen, aus ,Lifestyle‘-Gründen oder wegen der Spiritualität, eine moderne Aufteilung ist. Vormoderne Kulturen, also in der Zeit vor der Aufklärung, hätten nicht verstanden, warum wir zwischen Religion und Gesundheit unterscheiden. Die Menschen dieser Zeit haben aus dem Gesamtpaket heraus gefastet“, sagt der Medizinhistoriker.
Sie hatten sich erhofft, das Fasten mache etwas auf der körperlichen Ebene. Und es hatte ebenso eine ökonomische Dimension. „In allen Fastenpraktiken ist auch eine sozialethische Komponente dabei. Fasten, Almosen geben und Beten, das ist der biblische Dreiklang und das würde ich auch schon für das alte Ägypten ansetzen“, meint Steinmetz.
Echtes Fasten beziehe Bauch, Herz und Kopf mit ein. „Der Bauch ist sozusagen die Gesundheitskomponente. Das Herz sagt, ich muss von dem, was ich einspare, auch etwas abgeben, etwa für Sozialprojekte. Denn wer sich nicht um seinen Nachbarn kümmert in der Fastenzeit, hat das Fasten nicht ganz verstanden“, ist Steinmetz sicher. Und auf der Kopf-Ebene gehe es um Gebet und Meditation, „weil wir das im Alltag immer wieder vergessen“, sagt der Fastenexperte.
Ärzte der Antike sahen Fasten als Medizin
Im antiken Griechenland spielte in der volkstümlichen Medizin die Nüchternheit eine große Rolle. Bei der Anwendung einer Arznei durfte der Patient weder Nahrung noch Alkohol zu sich genommen haben. Auch in der hoch entwickelten Medizin der griechischen Ärzte war das Fasten aus medizinischen Gründen gebräuchlich. Bereits 800 vor Christus stellte Homer einen Zusammenhang zwischen Gesunderhaltung und Ernährungsverhalten dar. Die antike Diätetik (Lehre von der gesunden Lebensführung) wirkte präventiv und richtete sich nicht nur auf die bereits Erkrankten, sondern sollte die Gesunden vor Leid bewahren.
Der griechische Arzt Hippokrates von Kos (460–370 v. Chr.) vertrat die Meinung, „Sei mäßig in allem, atme reine Luft, treibe täglich Hautpflege und Körperübungen und heile ein kleines Weh eher durch Fasten als durch Arznei.“ Er empfahl nicht nur den Verzicht auf bestimmte Speisen, sondern nutzte das Vollfasten etwa in der Therapie von Fieber.
Äußerst detaillierte Fastenkuren sind aus der griechischen Ärzteschule der Methodiker bekannt. So wurde bei chronischen Leiden und Geschwüren auf periodisches Fasten gesetzt.
Im Mittelalter wurden biblische Vorgaben befolgt
Für das Leben der Menschen im Mittelalter galt das christliche Kirchenjahr als Grundlage. „Die Menschen setzten die biblischen Vorgaben um, die im Kernbestand sicher auf etwa 1.400 vor Christus zurückgehen. Es gab diese Konstante des ganzheitlichen Fastens bis etwa 1820, dann erst kommen die modernen Fastenkonzepte. Wir haben heute eine viel komplexere Welt, das Fasten wird anders thematisiert. Das Mittelalter war genauso belastend, aber weniger komplex, die Lebenswelten waren einfacher gestrickt“, sagt der Spiritualitätsforscher Steinmetz.
Damals seien die Menschen in den Kreislauf der Natur eingebunden gewesen, sagt er. „Es brauchte keine Entscheidung für das Fasten im Frühjahr. Fermentiertes Gemüse wie Sauerkraut oder Salzgurken sowie die Mehl- und Fettvorräte gingen zu Ende und der Frühjahrsspeisezettel war noch nicht vorhanden. Die letzten Reste der Wintervorräte wurden noch im Fasching groß aufgetischt und dann wurde für ein paar Wochen gefastet.“
Das Leben im Mittelalter wurde aber auch nach den kirchlichen Geboten in Normal-, Fest- und Fastentage unterteilt. So zählten der gesamte Advent als „Vorbereitung auf die Ankunft des Herrn“ und die 40 Tage vor Ostern als strenge Fastenzeiten. Dazwischen gab es sogenannte Quatember-Tage, mehrtägige Fastenzeiten, die ungefähr auf den Beginn der jeweils neuen Jahreszeit fielen. Außerdem wurde an allen Freitagen und Samstagen gefastet.
Insgesamt galten im Mittelalter rund die Hälfte der Tage im Jahreslauf als Fastentage. Auf den Tisch kamen dann vorwiegend Hülsenfrüchte, Gemüse, Getreidebreie und Brot. Fleisch und Produkte vierfüßiger oder warmblütiger Tiere, also auch Milchprodukte, durften an Fastentagen nicht verzehrt werden. „Es gab aber Menschen, die heimlich nicht gefastet haben, die dann lustige Strategien entwickelten, um doch Fleisch zu essen“, weiß Steinmetz. Zeugnis davon geben noch heute erhaltene mittelalterliche „Fastenspeisen“, etwa die „Herrgottb‘scheißerle“.
Dieses „Scheingericht“ soll ein findiger Benediktinermönch im Schwabenland (D) erfunden haben. Der Legende nach brachte es der Laienmönch Jakob nicht fertig, ein wertvolles Stück Fleisch, dessen Genuss den Mönchen in der Fastenzeit verboten war, verderben zu lassen. Er hackte es klein, mischte es unter Gemüse und versteckte das Ganze in Taschen aus Nudelteig. So konnte er das Fleisch vor den Augen Gottes und seiner Mitbrüder verbergen, denen er das herzhafte Mahl als Fastenspeise servierte. Im Volksmund sind die nach dem Kloster Maulbronn benannten Maultaschen heute noch als „Herrgottb‘scheißerle“ bekannt.
„Das gab es in anderen Religionen genauso. Auch im Zen-Buddhismus wollten die Mönche nicht auf ihren Wildschweinbraten während der Fastenzeit verzichten. Sie haben das Wildschwein kurzerhand in ,Bergwal‘ umgetauft“, erzählt Steinmetz schmunzelnd.
Fisch war als Fastenspeise erlaubt
Nachdem nur „Getier, das unter Wasser haust“, also Fische und Schalentiere während der Fastenzeit erlaubt waren, griffen die Mönche des Mittelalters tief in die Trickkiste. Hühner, Schweine und Hirsche wurden recht unchristlich in den klösterlichen Brunnen ertränkt, um somit laut der klerikalen Definition als „Unterwassertiere“ durchzugehen.
Fischspeisen waren während der Fastenzeit ohnehin eher der Oberschicht vorbehalten. In unseren Breiten etablierten sich ab Mitte des 16. Jahrhunderts auch warme Mehlspeisen als Fastengerichte.
Nicht nur im Christentum, wo es um Buße und Besinnung in Vorbereitung auf Ostern geht, sondern auch im Hinduismus und Buddhismus, dem Judentum oder dem Islam gilt Fasten als Weg zu Läuterung und Reinigung.
Das Fasten war über Jahrtausende eng mit dem Glauben und den Jahreszeiten verbunden. Das änderte sich etwa Mitte des 19. Jahrhunderts unter anderem durch die Industrielle Revolution. „Die moderne Landwirtschaft produzierte unabhängig von jahreszeitlichen Schwankungen. Die Menschen mussten nicht mehr fasten“, sagt Steinmetz.
Moderne Fastenkonzepte ab Mitte des 19. Jahrhunderts
Es war nun eine bewusste Entscheidung des Einzelnen und die Zeit, in der die großen Fastentheorien entwickelt wurden. Ab den 1970er Jahren war Fasten beinahe „begründungspflichtig. Die Allgemeinheit hat nicht gefastet. Wenn sich jemand dafür entschied, hieß es oft, wozu ist dieser Schwachsinn gut?“, beschreibt Steinmetz die damalige Einstellung.
Heute habe sich das beinahe umgekehrt, jetzt brauche jemand eher Gründe dafür, warum er nicht fastet. Der Begriff Fasten werde aber mittlerweile fast inflationär verwendet, kritisiert der 53jährige. „Es gibt so viele Konzepte, das ist wie eine große babylonische Sprachverwirrung. Ist es schon Fasten, wenn ich nur keine Gummibärchen mehr esse oder nur noch jeden zweiten Tag den Computer benutze? Der Diskurs ist bunt.“ Dass Fasten heute so eine Faszination auf Menschen ausübt, schreibt der Mediziner der Sehnsucht vieler zu, sich selbst zu spüren und zu entdecken.
Steinmetz selber hält sich beim Fasten an die Traditionelle Europäische Medizin. „Ich schätze die gesundheitliche Komponente und faste in diesem Dreiklang, ein bisschen was mit Ernährung, mit Sozialethik und auch mit Spiritualität.“ Fasten-Interessierte können derzeit auf der Webseite des Institutes (www.institem.com) den Kurs „TEM-Detox-Fasten online“ um € 79,– buchen. „Die zwölf Kurstage sind bis 6. April individuell buchbar und bieten ein Programm auf Basis des eigenen Temperament-Typs.“ Denn die Zeit des Frühlings sei ideal fürs Fasten, weiß Steinmetz.
Fasten ist Bestandteil aller Weltreligionen
Fastenzeit und die Zahl 40
Die Zahl 40 hat in der Bibel eine besondere Bedeutung. 40 Tage weilte Moses auf dem Berg Sinai, um die Zehn Gebote zu empfangen. Der Prophet Elija ging 40 Tage und Nächte zum Berg Horeb, um Gott zu begegnen. Nach dem Auszug aus Ägypten wanderte das Volk Israel 40 Jahre durch die Wüste, ehe es ins Gelobte Land kam. Die Sintflut dauerte 40 Tage und Nächte. Und Jesus verbrachte 40 Tage fastend und betend in der Wüste, um sich auf sein öffentliches Wirken vorzubereiten.
Auch die Fastenzeit von Aschermittwoch bis Ostern dauert 40 Tage, um an dieses vierzigtägige Fasten von Jesus zu erinnern. Allerdings wird beim Zählen ein kleiner Trick angewendet, denn eigentlich sind es 46 Tage. Die Sonntage werden aber nicht zur Fastenzeit gerechnet, da der Sonntag als Erinnerung an die Auferstehung Jesu ein Tag der Freude sein soll.
„Fasten wird offensichtlich schon solange betrieben, wie es Menschen gibt. Schwieriger ist zu sagen, wie genau, weil uns die Menschen der Jungsteinzeit ihre Fastenpraxis natürlich nicht in hübschen Ratgebern hinterlassen haben“, erklärt Privatdozent Dr. Karl-Heinz Steinmetz, Gründer und Leiter des Institutes für Traditionelle Europäische Medizin InstiTEM in Wien.
Biblischer Dreiklang galt schon im Alten Ägypten
Fasten ist eine der ältesten Methoden, um Körper und Geist gesundzuhalten. Bereits im 3. Jahrtausend vor Christus war die Heilwirkung des Fastens bekannt. Antike asiatische Völker praktizierten es ebenso wie die alten Ägypter, für die auch eine religiöse Komponente mitspielte. „Ich glaube, dass diese Unterscheidung, wieso fasten wir, ob aus Gesundheitsgründen, aus ,Lifestyle‘-Gründen oder wegen der Spiritualität, eine moderne Aufteilung ist. Vormoderne Kulturen, also in der Zeit vor der Aufklärung, hätten nicht verstanden, warum wir zwischen Religion und Gesundheit unterscheiden. Die Menschen dieser Zeit haben aus dem Gesamtpaket heraus gefastet“, sagt der Medizinhistoriker.
Sie hatten sich erhofft, das Fasten mache etwas auf der körperlichen Ebene. Und es hatte ebenso eine ökonomische Dimension. „In allen Fastenpraktiken ist auch eine sozialethische Komponente dabei. Fasten, Almosen geben und Beten, das ist der biblische Dreiklang und das würde ich auch schon für das alte Ägypten ansetzen“, meint Steinmetz.
Echtes Fasten beziehe Bauch, Herz und Kopf mit ein. „Der Bauch ist sozusagen die Gesundheitskomponente. Das Herz sagt, ich muss von dem, was ich einspare, auch etwas abgeben, etwa für Sozialprojekte. Denn wer sich nicht um seinen Nachbarn kümmert in der Fastenzeit, hat das Fasten nicht ganz verstanden“, ist Steinmetz sicher. Und auf der Kopf-Ebene gehe es um Gebet und Meditation, „weil wir das im Alltag immer wieder vergessen“, sagt der Fastenexperte.
Ärzte der Antike sahen Fasten als Medizin
Im antiken Griechenland spielte in der volkstümlichen Medizin die Nüchternheit eine große Rolle. Bei der Anwendung einer Arznei durfte der Patient weder Nahrung noch Alkohol zu sich genommen haben. Auch in der hoch entwickelten Medizin der griechischen Ärzte war das Fasten aus medizinischen Gründen gebräuchlich. Bereits 800 vor Christus stellte Homer einen Zusammenhang zwischen Gesunderhaltung und Ernährungsverhalten dar. Die antike Diätetik (Lehre von der gesunden Lebensführung) wirkte präventiv und richtete sich nicht nur auf die bereits Erkrankten, sondern sollte die Gesunden vor Leid bewahren.
Der griechische Arzt Hippokrates von Kos (460–370 v. Chr.) vertrat die Meinung, „Sei mäßig in allem, atme reine Luft, treibe täglich Hautpflege und Körperübungen und heile ein kleines Weh eher durch Fasten als durch Arznei.“ Er empfahl nicht nur den Verzicht auf bestimmte Speisen, sondern nutzte das Vollfasten etwa in der Therapie von Fieber.
Äußerst detaillierte Fastenkuren sind aus der griechischen Ärzteschule der Methodiker bekannt. So wurde bei chronischen Leiden und Geschwüren auf periodisches Fasten gesetzt.
Im Mittelalter wurden biblische Vorgaben befolgt
Für das Leben der Menschen im Mittelalter galt das christliche Kirchenjahr als Grundlage. „Die Menschen setzten die biblischen Vorgaben um, die im Kernbestand sicher auf etwa 1.400 vor Christus zurückgehen. Es gab diese Konstante des ganzheitlichen Fastens bis etwa 1820, dann erst kommen die modernen Fastenkonzepte. Wir haben heute eine viel komplexere Welt, das Fasten wird anders thematisiert. Das Mittelalter war genauso belastend, aber weniger komplex, die Lebenswelten waren einfacher gestrickt“, sagt der Spiritualitätsforscher Steinmetz.
Damals seien die Menschen in den Kreislauf der Natur eingebunden gewesen, sagt er. „Es brauchte keine Entscheidung für das Fasten im Frühjahr. Fermentiertes Gemüse wie Sauerkraut oder Salzgurken sowie die Mehl- und Fettvorräte gingen zu Ende und der Frühjahrsspeisezettel war noch nicht vorhanden. Die letzten Reste der Wintervorräte wurden noch im Fasching groß aufgetischt und dann wurde für ein paar Wochen gefastet.“
Das Leben im Mittelalter wurde aber auch nach den kirchlichen Geboten in Normal-, Fest- und Fastentage unterteilt. So zählten der gesamte Advent als „Vorbereitung auf die Ankunft des Herrn“ und die 40 Tage vor Ostern als strenge Fastenzeiten. Dazwischen gab es sogenannte Quatember-Tage, mehrtägige Fastenzeiten, die ungefähr auf den Beginn der jeweils neuen Jahreszeit fielen. Außerdem wurde an allen Freitagen und Samstagen gefastet.
Insgesamt galten im Mittelalter rund die Hälfte der Tage im Jahreslauf als Fastentage. Auf den Tisch kamen dann vorwiegend Hülsenfrüchte, Gemüse, Getreidebreie und Brot. Fleisch und Produkte vierfüßiger oder warmblütiger Tiere, also auch Milchprodukte, durften an Fastentagen nicht verzehrt werden. „Es gab aber Menschen, die heimlich nicht gefastet haben, die dann lustige Strategien entwickelten, um doch Fleisch zu essen“, weiß Steinmetz. Zeugnis davon geben noch heute erhaltene mittelalterliche „Fastenspeisen“, etwa die „Herrgottb‘scheißerle“.
Dieses „Scheingericht“ soll ein findiger Benediktinermönch im Schwabenland (D) erfunden haben. Der Legende nach brachte es der Laienmönch Jakob nicht fertig, ein wertvolles Stück Fleisch, dessen Genuss den Mönchen in der Fastenzeit verboten war, verderben zu lassen. Er hackte es klein, mischte es unter Gemüse und versteckte das Ganze in Taschen aus Nudelteig. So konnte er das Fleisch vor den Augen Gottes und seiner Mitbrüder verbergen, denen er das herzhafte Mahl als Fastenspeise servierte. Im Volksmund sind die nach dem Kloster Maulbronn benannten Maultaschen heute noch als „Herrgottb‘scheißerle“ bekannt.
„Das gab es in anderen Religionen genauso. Auch im Zen-Buddhismus wollten die Mönche nicht auf ihren Wildschweinbraten während der Fastenzeit verzichten. Sie haben das Wildschwein kurzerhand in ,Bergwal‘ umgetauft“, erzählt Steinmetz schmunzelnd.
Fisch war als Fastenspeise erlaubt
Nachdem nur „Getier, das unter Wasser haust“, also Fische und Schalentiere während der Fastenzeit erlaubt waren, griffen die Mönche des Mittelalters tief in die Trickkiste. Hühner, Schweine und Hirsche wurden recht unchristlich in den klösterlichen Brunnen ertränkt, um somit laut der klerikalen Definition als „Unterwassertiere“ durchzugehen.
Fischspeisen waren während der Fastenzeit ohnehin eher der Oberschicht vorbehalten. In unseren Breiten etablierten sich ab Mitte des 16. Jahrhunderts auch warme Mehlspeisen als Fastengerichte.
Nicht nur im Christentum, wo es um Buße und Besinnung in Vorbereitung auf Ostern geht, sondern auch im Hinduismus und Buddhismus, dem Judentum oder dem Islam gilt Fasten als Weg zu Läuterung und Reinigung.
Das Fasten war über Jahrtausende eng mit dem Glauben und den Jahreszeiten verbunden. Das änderte sich etwa Mitte des 19. Jahrhunderts unter anderem durch die Industrielle Revolution. „Die moderne Landwirtschaft produzierte unabhängig von jahreszeitlichen Schwankungen. Die Menschen mussten nicht mehr fasten“, sagt Steinmetz.
Moderne Fastenkonzepte ab Mitte des 19. Jahrhunderts
Es war nun eine bewusste Entscheidung des Einzelnen und die Zeit, in der die großen Fastentheorien entwickelt wurden. Ab den 1970er Jahren war Fasten beinahe „begründungspflichtig. Die Allgemeinheit hat nicht gefastet. Wenn sich jemand dafür entschied, hieß es oft, wozu ist dieser Schwachsinn gut?“, beschreibt Steinmetz die damalige Einstellung.
Heute habe sich das beinahe umgekehrt, jetzt brauche jemand eher Gründe dafür, warum er nicht fastet. Der Begriff Fasten werde aber mittlerweile fast inflationär verwendet, kritisiert der 53jährige. „Es gibt so viele Konzepte, das ist wie eine große babylonische Sprachverwirrung. Ist es schon Fasten, wenn ich nur keine Gummibärchen mehr esse oder nur noch jeden zweiten Tag den Computer benutze? Der Diskurs ist bunt.“ Dass Fasten heute so eine Faszination auf Menschen ausübt, schreibt der Mediziner der Sehnsucht vieler zu, sich selbst zu spüren und zu entdecken.
Steinmetz selber hält sich beim Fasten an die Traditionelle Europäische Medizin. „Ich schätze die gesundheitliche Komponente und faste in diesem Dreiklang, ein bisschen was mit Ernährung, mit Sozialethik und auch mit Spiritualität.“ Fasten-Interessierte können derzeit auf der Webseite des Institutes (www.institem.com) den Kurs „TEM-Detox-Fasten online“ um € 79,– buchen. „Die zwölf Kurstage sind bis 6. April individuell buchbar und bieten ein Programm auf Basis des eigenen Temperament-Typs.“ Denn die Zeit des Frühlings sei ideal fürs Fasten, weiß Steinmetz.
Fasten ist Bestandteil aller Weltreligionen
- Im Christentum hat die vorösterliche Fastenzeit eine jahrhundertelange Tradition. Sie beginnt mit dem Aschermittwoch und dauert bis Ostern. In dieser Zeit soll sich der Mensch durch Enthaltsamkeit neu besinnen und Buße tun.
- Im orthodoxen Glauben gibt es vier mehrwöchige Fastenzeiten im Kirchenjahr, etwa vor Ostern die sieben Wochen lange große und heilige Fastenzeit oder das Apostelfasten eine Woche nach Pfingsten. An strengen Fastentagen sind neben Fleisch, Eiern und Milchprodukten auch Fisch, Wein und Öl verboten.
- Im Judentum gilt Jom Kippur als Versöhnungs- und Fastentag. Der größte jüdische Feiertag wird zwischen Mitte September und Anfang Oktober begangen. An diesem Tag darf nicht gegessen, getrunken, gearbeitet oder geraucht werden. Alle zuvor begangenen Sünden sollen durch das Fasten gesühnt werden.
- Im Islam gilt das Fasten als eine der fünf Säulen dieser Religion. Gefastet wird im Ramadan, dem neunten Monat des islamischen Mondjahres. 30 Tage lang dürfen Muslime zwischen Sonnenauf- und Sonnenuntergang bis zum allabendlichen Fastenbrechen nichts essen, trinken und rauchen.
- Im Buddhismus wird auf Meditation gesetzt. Wenig essen erleichtert den Weg zum inneren Frieden und der Erleuchtung. Buddhistische Mönche und Nonnen verzichten deshalb täglich nach zwölf Uhr mittags auf jegliche Nahrung.
Fastenzeit und die Zahl 40
Die Zahl 40 hat in der Bibel eine besondere Bedeutung. 40 Tage weilte Moses auf dem Berg Sinai, um die Zehn Gebote zu empfangen. Der Prophet Elija ging 40 Tage und Nächte zum Berg Horeb, um Gott zu begegnen. Nach dem Auszug aus Ägypten wanderte das Volk Israel 40 Jahre durch die Wüste, ehe es ins Gelobte Land kam. Die Sintflut dauerte 40 Tage und Nächte. Und Jesus verbrachte 40 Tage fastend und betend in der Wüste, um sich auf sein öffentliches Wirken vorzubereiten.
Auch die Fastenzeit von Aschermittwoch bis Ostern dauert 40 Tage, um an dieses vierzigtägige Fasten von Jesus zu erinnern. Allerdings wird beim Zählen ein kleiner Trick angewendet, denn eigentlich sind es 46 Tage. Die Sonntage werden aber nicht zur Fastenzeit gerechnet, da der Sonntag als Erinnerung an die Auferstehung Jesu ein Tag der Freude sein soll.
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