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Ausgabe Nr. 08/2023 vom 21.02.2023, Fotos: Tadeusz Mieczynski / EXPA / picturedesk.com, facebook
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Schispringerin Eva Pinkelnig, 34, hebt bei der WM ab.
Evas „göttlicher“ Höhenflug
Als Vierjährige träumte Eva Pinkelnig, 34, erstmals vom Schispringen, später versagten ihr als Top-Athletin nach einem dramatischen Sturz die Augen den Dienst. Doch dank göttlicher Hilfe, wie sie glaubt, dominiert die Vorarlbergerin vor ihrem WM-Auftakt die Konkurrenz.
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Als „dunkleste Zeit“ in ihrem Leben beschreibt Eva Pinkelnig, 34, heute jene schmerzvollen Schisprung-Stürze vor sieben Jahren, die ein schweres Schädel-Hirn-Trauma zur Folge hatten. „Mein Hirn schwoll an und meine Augen schalteten bei jedem höheren Fahrtempo ab, ich sah nichts mehr“, weiß sie noch.

„Ich habe nicht mehr geradeaus gehen können und wenn ich die Augen zumachte fiel ich um. Überdies litt ich an alzheimerartigen Gedächtnisausfällen.“ Dazu kam erschwerend ein weiterer Trainingssturz vier Jahre später, bei dem sie einen Liter Blut verlor und einen Milzriss erlitt.
Dass der nur 59 Kilo schwere „Schanzen-Floh“ nach diesen dramatischen Rückschlägen heute als Goldfavorit bei der Nordischen Weltmeisterschaft in Planica (Slowenien, Normalschanze Donnerstag, 23.2., 17 Uhr) abhebt, ist fast ein Wunder. Denn Pinkelnig gewann heuer im Zuge ihres jüngsten Erfolgslaufes nicht nur sieben Weltcup-Springen und die „Silvester-Tournee“ in Villach (Ktn.) und Ljubno (Slowenien), sondern führt auch noch haushoch im Gesamtweltcup der Schispringerinnen. Ein Höhenflug, den sie nach all den Problemen einer steuernden Hand von oben zuschreibt. „Experten und Trainer hatten es nach meinen Verletzungen als unmöglich bezeichnet, wieder Leistungssport betreiben zu können“, erzählt die Sportlerin.

Der Traum, 100 Meter weit zu springen
„Diese unmöglich erscheinende Rückkehr hat mir Gott geschenkt“, ist die gläubige Katholikin überzeugt. Sie sieht in der göttlichen Kraft auch den ursächlichen Auslöser ihrer sportlichen Karriere. „Mit vier Jahren hatte ich von einem Tag auf den anderen davon gesprochen, 100 Meter weit auf Schiern springen zu wollen, niemand wusste warum“, schildert sie. „Doch woher wusste ein kleines Kind was 100 Meter sind und was Schispringen bedeutet?

„Gott gibt uns Talente und das Rüstzeug, daraus etwas zu machen.“ Ihre Mutter Luise bestätigt, dass sie früh das gewisse Etwas bei der Tochter verspürte, die neben ihren vier Geschwistern ein anstrengendes aber auch liebes Kind gewesen sei. „Kurz nach ihrer Geburt kam Evas Großmutter ins Spital und sagte zu mir: ,Achte gut auf dieses Kind, es hat einen besonderen Auftrag auf dieser Welt.‘ Heute begreife ich, was das zu bedeuten hatte.“

Bis zur Umsetzung des „göttlichen Auftrages“ auf den Schanzentischen dieser Welt war es allerdings ein harter und langer Weg, eine private und sportliche Achterbahnfahrt. Denn trotz des frühen Kindheitstraumes verlor Pinkelnig das Schispringen aus den Augen, probierte Alpin-Schi, Klettern und Fußball aus, bevor sie eine Ausbildung als Freizeitpädagogin abschloss. Anfang Zwanzig arbeitete sie 40 Stunden pro Woche als Erzieherin, doch mit 24 Jahren wurde bei der Messe in Dornbirn (V) ihr Leben ein weiteres Mal verändert.

Ein Testsprung auf einer mobilen Schanze brachte die alten Sehnsüchte wieder an die Oberfläche, die Vorarlbergerin kündigte von einem Tag auf den anderen ihre Arbeit und wurde, so spät wie keine andere, noch Profisportlerin. „Ich habe zum Glück gute Gene geerbt, bin ein Springinkerl, dass nicht ruhig sitzen kann“, beschreibt sie sich selbst. „Trotz meiner Leichtigkeit habe ich viel Kraft für den Sprungsport.“

Danach ging alles schnell. Nach eineinhalb Jahren durchbrach Pinkelnig die angepeilte „100-Meter-Schallmauer“, nach zwei Jahren sprang sie im Weltcup-Team, fünf Jahre später holte sie WM-Silber im Teambewerb.
Mittlerweile ist sogar Marcel Hirscher, 33, Teil ihres Erfolgsrezeptes, denn ihre Schimarke „Augment“ ist seit Kurzem Teil seines Firmenimperiums. Seither, so versichert sie, habe sich die Qualität des Materiales verbessert. Sollte die „Luftfahrt“ für sie eines Tages enden, wäre das aber nicht schlimm, ihre Arbeit hat ihr immer Spaß gemacht. „Mein Herz schlägt nach wie vor für Kinder, ich bin selbst noch ein bissl ein Kind.“
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