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Ausgabe Nr. 08/2023 vom 21.02.2023, Foto: Rupert Pessl - www.rupertpessl.com
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Natürlich ist auch die Arche Noah mit Produkten am Saatgutfestival.
Fest für die Vielfalt
Für die zahlreichen Hobbygartler in unserem Land beginnen langsam die Vorbereitungen. Wer etwas für die Artenvielfalt der Kulturpflanzen tun will und auch noch schmackhaftes Gemüse und Obst ernten möchte, sollte am Samstag das Arche Noah Saatgutfestival in Wien Meidling besuchen.
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Wir laden alle ein, den bedrohten Reichtum der Kulturpflanzenvielfalt zu entdecken und von der Aussaat bis zur Ernte selbst Hand anzulegen. Diese wunderbare Vielfalt darf nicht verlorengehen. Dafür braucht es ihre Rückkehr in unsere alltägliche Ernährung. Und was schmeckt besser als selbstgezogenes Gemüse, gewürzt mit aromareichen Kräutern und bunten Blüten?“, freut sich Volker Plass, Geschäftsführer von Arche Noah, auf viele Besucher des Saatgutfestivals.

Auf mehr als 5.000 Samen beläuft sich die Sortensammlung des Vereins, der seit dem Jahr 1994 im barocken Garten des Schlosses Schiltern (NÖ) mehr als 500 Sorten an Gemüse, Kräutern, Zierpflanzen und Obstgehölzen zieht. Beim Saatgutfestival, das am kommenden Samstag in der VHS Meidling (1120 Wien, Längenfeldgasse 13-15) stattfindet (Eintritt € 5–,
Kinder bis 14 Jahre frei), bekommen die Besucher nicht nur einen Einblick in die wichtige Arbeit des Vereines. Sie können sich auch auf eine enorme Auswahl von Saatgut freuen und mit nach Hause nehmen.

Das Angebot reicht von Gemüse und Obstsamen bis hin zu Gewürzen und Heilkräutern
„Mehr als 20 Anbieter präsentieren auf 430 Quadratmeter Ausstellungsfläche ihre Angebote“, weiß Arche-Noah-Pressesprecher Axel Grunt. „So bietet alleine die Firma Reinsaat unter anderem Bohnen, Erbsen, Fenchel, Gurken, Mangold, Melone, Paprika, Pfefferoni, Chili, Schwarzwurzel, Petersilwurzel, Radieschen, Rettich, Rote Rübe, Salate, Paradeiser, Zucchini, Zwiebel, Küchen- und Gewürzkräuter, Blumen und Heilkräuter, Wildblumen und selbstverständlich auch wertvolle Sortenraritäten an. Die Ybbser Kräutergärten kommen mit 120 verschiedenen Arten und Sorten von Küchenkräutern, von Ackerstiefmütterchen bis Zitronenmelisse, aber auch mit einem Sortiment an Raritäten wie Röstmais, Amaranth und Purpurspargel oder mit heimischen Wiesenblumen wie Kuckuckslichtnelke, Wiesenflockenblume oder Wiesenbocksbart.

Es gibt Edelreiser von Obstbäumen aller Sorten, dazu Unterlagen und Zubehör fürs Veredeln. Zu finden sind Exoten wie Pak Choi, Okra, Kiwano, der Rattenschwanz-Rettich oder der Schlangenknoblauch. Und eine Besonderheit sind bestimmt die Stecklinge vieler verschiedener Feigensorten“, zählt Grunt nur einige Sorten aus dem reichhaltigen Angebot auf. Und natürlich ist auch das Arche-Noah-Team vor Ort. „Wir bieten unsere eigenen Produkte an, auf vier Tischen werden Saatgut und Bücher verkauft. Unser Obst-Team steht für Sortenbestimmung zur Verfügung und präsentiert unser Projekt ,Obst-Inventur‘. Es gibt einen eigenen Bereich für Erhalter und Mitglieder zum gemütlichen Austausch und Kennenlernen sowie spannende Vorträge der Arche-Noah-Experten.“

Von ehemals 2.000 Apfelsorten sind maximal 20 Sorten in Supermärkten zur Auswahl
Warum die Erhaltungsarbeit des Vereines wichtig ist, belegen die nackten Zahlen. In den vergangenen 100 Jahren haben wir weltweit etwa 75 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Vielfalt verloren. „In Indien ging die Zahl der angebauten Reissorten von 30.000 in den 1950er Jahren auf heute 50 zurück. In den USA verschwanden 91 Prozent der Maissorten, 94 Prozent der Erbsensorten und 81 Prozent der Paradeissorten“, weiß Grunt. Doch wir müssen gar nicht so weit in die Ferne blicken. „Anfang des Jahrhunderts gab es bei uns noch 2.000 Apfelsorten, heute finden wir im Supermarkt nur noch maximal 20 Sorten.“ Wir könnten einwenden, auch die noch vorhandenen Sorten ernähren uns doch gut. „Die Vielfalt ist eine Schatzkammer“, entgegnet Grunt.

„Sie sichert, dass sich die Landwirtschaft an veränderte Umweltbedingungen – Stichworte Klimawandel, neue Krankheiten oder Schädlinge – anpassen kann. Wir müssen Vielfalt wahren, um die Zukunft zu sichern.“
Und Vielfalt bedeutet auch Genuss. „Wer schon einmal in eine saftig-aromatische Paradeis-Rarität vom Bauernmarkt gebissen hat, kennt den Unterschied“, sagt der Experte. „Gemüse und Früchte aus dem Supermarkt sind meist Hybridsorten, die auf Industriefähigkeiten wie lange Lagerbarkeit und Transportfähigkeit gezüchtet worden sind.“

Und sie haben einen weiteren Nachteil. „Wer die Samen einsetzt, bekommt nicht die Pflanze, von der der Samen ist, sondern das Erbgut spaltet sich in die Elterngeneration auf.“ Was bei den samenfesten Biosorten, die es am Saatgutfestival zu kaufen gibt, nicht passieren kann. Daraus wachsen wieder die wohlschmeckenden Paradeiser, Gurken und Zucchini.
Auch die Gewinnung der Samen ist kein Hexenwerk und kann jeder Balkongartler selbst erledigen, wie es unsere Fotostrecke anhand von Paradeisersamen zeigt.

Saatgut gewinnen: So einfach geht es bei den Paradeisern
  1. Eine gesunde, vollreife Frucht wählen.
  2. Halbieren und Samen samt Fruchtfleischresten herauslösen.
  3. „Samenmaische“ mit etwas Wasser versetzen und bei mindestens 20 Grad 1–3 Tage gären lassen. So löst sich das Fruchtfleisch.
  4. Reinigen der Samen mit Sieb und Wasser;
  5. Trocknen lassen.
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